7.1 Verfahrensgrundsätze7.1.1. Legalitätsprinzip (Gesetzmässigkeit der Verwaltung)
7.1.2. Rechtsgleichheit
7.1.3. Willkürverbot
7.1.4. Öffentliches Interesse
7.1.5. Verhältnismässigkeit
7.1.6. Treu und Glauben
7.2 Verwaltungsakt
7.2.1 Begriff der Verfügung
7.2.2 Inhalt und Form der Verfügung
7.2.3 Nebenbestimmungen von Verfügungen
7.2.4 Verfahren auf Erlass einer Verfügung
7.2.5 Fehlerhaftigkeit der Verfügung
7.2.6 Rechtskraft
7.2.7 Vollstreckung
7.2.8 Verwaltungsrechtlicher Vertrag
7.3 Verwaltungsinterne Verwaltungsrechtspflege
7.3.1 Einsprache
7.3.2 Verwaltungsbeschwerde
Zulässigkeit
Beschwerdeinstanzen
Beschwerdegründe
Beschwerdefrist
7.3.3 Aufsichtsbeschwerde/-anzeige
7.3.4 Wiedererwägungsgesuch
7.3.5 Revision
7.4 Verwaltungsgerichtsbarkeit
7.4.1 Gegenstand der Verwaltungsgerichtsbeschwerde
7.4.2 Beschwerdegründe
7.4.3 Beschwerdefrist
7.5 Verwaltungsgerichtliche Klage
Literatur/Quellen
Ulrich Häfelin/Georg Müller/Felix Uhlmann, Allgemeines Verwaltungsrecht, 7. Auflage, Zürich/St. Gallen 2016,
Der Grundsatz der Rechtmässigkeit der Verwaltung besagt, dass die Verwaltung bei all ihrem Handeln an das Recht gebunden ist (§ 3 KV). So darf die Verwaltung bei ihrer Tätigkeit einerseits nicht gegen das Gesetz verstossen. Dabei ist zu beachten, dass kein Rechtssatz einem ranghöheren Rechtssatz widersprechen darf.
Andererseits besagt das Gesetzmässigkeitsprinzip, dass sich alles Verwaltungshandeln auf einen Rechtssatz zurückführen lassen muss. So bedürfen insbesondere die Eingriffe der Verwaltung in die Rechte des Bürgers bzw. alle ihm auferlegten Pflichten einer gesetzlichen Grundlage. Dabei muss die Verwaltung die im Gesetz vorgesehenen Beschränkungen von Rechten des Bürgers bzw. die ihm auferlegten Pflichten von Amtes wegen und gegenüber allen durchsetzen. Aber auch die Befreiung von Pflichten oder das Erbringen von Leistungen gegenüber dem Bürger muss in einem Rechtssatz vorgesehen sein.
Art. 8 BV hält fest, dass alle Menschen vor dem Gesetze gleich sind. Dieses Rechtsgleichheitsgebot gilt im Bereich des Verwaltungsrechts sowohl für den Erlass verwaltungsrechtlicher Normen wie auch für deren Anwendung im Einzelfall durch Verwaltungsbehörden und Gerichte.
Der Anspruch auf Gleichbehandlung verlangt, dass Rechte und Pflichten des Betroffenen nach dem gleichen Massstab festzusetzen sind. „Gleiches ist nach Massgabe seiner Gleichheit gleich, Ungleiches nach Massgabe seiner Ungleichheit ungleich zu behandeln“ (vgl. z.B. BGE 135 V 361,369 f.).
Bei der Rechtsanwendung besteht oft ein gewisser Ermessensspielraum. Eine Behörde verletzt bei der Ausübung ihres Ermessens dann den Gleichheitssatz, wenn sie zwei tatsächlich gleiche Situationen ohne sachlichen Grund unterschiedlich beurteilt. Dabei darf sie durchaus eine bestehende Praxis ändern, wenn ernsthafte und sachliche Gründe hierfür sprechen und die Änderung grundsätzlich erfolgt.
Willkür (vgl. Art. 9 BV) bei der Rechtsanwendung liegt dann vor, wenn ein Entscheid nicht nur unrichtig, sondern schlicht unhaltbar ist. Willkür bei der Rechtssetzung ist gegeben, wenn eine Vorschrift sich nicht auf ernsthafte sachliche Gründe stützen kann oder sinn- und zwecklos ist.
Das öffentliche Interesse ist die allgemeine Voraussetzung für jede staatliche Tätigkeit (siehe auch Art. 5 Abs. 2 BV, § 3 Abs. 2 KV). Alle Verwaltungsmassnahmen, insbesondere Eingriffe in die Rechte des Bürgers, müssen daher im öffentlichen Interesse liegen.
Öffentliche Interessen können materieller oder ideeller Natur sein. So gibt es polizeiliche Interessen, die den Schutz der öffentlichen Ordnung und Sicherheit etc. zum Ziel haben. Aber auch planerische Interessen, soziale und sozialpolitische oder sogar fiskalische Interessen zählen dazu.
Bei entgegenstehenden privaten oder öffentlichen Interessen ist eine Abwägung im Einzelfall vorzunehmen.
Der Grundsatz der Verhältnismässigkeit (vgl. Art. 5 Abs. 2 BV, § 3 Abs. 2 KV) besagt, dass die Verwaltungsmassnahme zur Verwirklichung des im öffentlichen Interesse liegenden Zieles geeignet, also zwecktauglich sein muss. Sie darf nur soweit gehen, als dies zur Erreichung des Zweckes notwendig ist, also keine mildere Massnahme greifen würde. Ausserdem muss der angestrebte Zweck in einem vernünftigen Verhältnis zu den Belastungen stehen, die dem Privaten auferlegt werden, d.h. die Massnahme muss durch ein das private Interesse des Betroffenen überwiegendes öffentliches Interesse gerechtfertigt sein.
Der Grundsatz des Vertrauensschutzes als Ausfluss des Grundsatzes von Treu und Glauben (vgl. Art. 5 Abs. 3 und Art. 9 BV, § 3 Abs. 2 KV) besagt, dass die Privaten Anspruch darauf haben, in ihrem berechtigten Vertrauen in behördliche Zusicherungen oder in anderes, bestimmte Erwartungen begründendes Verhalten der Behörden geschützt zu werden. Dies jedoch nur insoweit, als sie im Vertrauen beispielsweise auf eine falsche Auskunft der zuständigen Behörde Handlungen vorgenommen haben, die nicht oder nur mit Nachteilen rückgängig gemacht werden können.
Als Verbot widersprüchlichen Verhaltens und als Verbot des Rechtsmissbrauches verbietet der Grundsatz von Treu und Glauben sowohl den Behörden wie auch den Privaten, sich in ihren öffentlich-rechtlichen Rechtsbeziehungen widersprüchlich oder rechtsmissbräuchlich zu verhalten.
Grundsätzlich wird unterschieden zwischen rechtlichem Verwaltungshandeln und tatsächlichem Verwaltungshandeln.
Rechtliches Verwaltungshandeln zielt darauf ab, ein bestimmtes Rechtsverhältnis zu begründen, zu ändern oder aufzuheben, zieht also unmittelbare Rechtswirkung nach sich. Die wichtigsten Rechtsformen sind die Verfügung, eine einseitige Anordnung der Verwaltungsbehörde, und der verwaltungsrechtliche Vertrag, der auf der Willensübereinstimmung der Parteien beruht.
Das tatsächliche Verwaltungshandeln, der so genannte Realakt, schafft Fakten, zieht aber keine unmittelbare Rechtswirkung nach sich. Hierzu gehören auch Auskünfte, amtliche Berichte, Vernehmlassungen sowie Vollzugshandlungen.
Die zur Regelung von Verwaltungsrechtsverhältnissen wichtigste Handlungsform ist die Verfügung, weshalb sie im Folgenden näher umschrieben wird.
Die Verfügung ist ein individueller, an den Einzelnen gerichteter Hoheitsakt, durch den eine konkrete verwaltungsrechtliche Rechtsbeziehung rechtsgestaltend oder feststellend in verbindlicher und erzwingbarer Weise geregelt wird (vgl. § 6 VRP).
Die Verfügung ist eine hoheitliche, einseitige Anordnung einer sachlich, örtlich und funktionell zuständigen Behörde. Sie wird damit, im Gegensatz zum verwaltungsrechtlichen Vertrag, auch ohne Einverständnis des Betroffenen rechtswirksam.
In der Praxis wird häufig der Begriff Beschluss verwendet, wenn eine Verfügung von einer Kollegialbehörde ausgeht (z.B. Gemeinderatsbeschluss), und wird im Unterschied dazu von einer Verfügung dann gesprochen, wenn die Anordnung von einer Einzelperson oder einem Amt erlassen wird (z.B. Präsidialverfügung).
Die Anordnung kann sich sowohl auf ein Tun, Dulden oder Unterlassen beziehen.
Die Rechtsanwendung erfolgt individuell, d.h. auf einen bestimmten Adressatenkreis bezogen, und konkret, d.h. auf einen bestimmten Sachverhalt bezogen. Dies im Unterschied zum Erlass von Gesetzen, die generell und abstrakt sind.
Die Verfügung ist auf Rechtswirksamkeit ausgerichtet. Mit der Verfügung werden in einem konkreten Fall Rechte und Pflichten eines bestimmten Privaten begründet, geändert oder aufgehoben (Ausnahme: die reine Feststellungsverfügung). Sie ist verbindlich und erzwingbar und kann ohne weitere Konkretisierung vollstreckt werden.
Eine Verfügung muss bestimmte Anforderungen an den Inhalt und die Form erfüllen (vgl. § 31 VRP). So hat sie schriftlich zu erfolgen und ist als Verfügung/Beschluss zu bezeichnen.
Weiter hat sie Folgendes zu enthalten:
- Erlassende Behörde/Stelle/Person
- Verfügungsadressaten
- Rechtserheblicher Sachverhalt
- Erwägungen (Begründung) mit Schlussfolgerung
- Ausformulierter Beschluss mit der Anordnung (Dispositiv)
- Allfällige Nebenbestimmungen (Auflagen, Bedingungen, Befristungen)
- Kostenregelung
- Rechtsmittel
- Datum der Beschlussfassung und des Versands
- Unterschrift
Nebenbestimmungen ermöglichen, die durch eine Verfügung begründeten verwaltungsrechtlichen Pflichten und Rechte entsprechend den konkreten Umständen auszuformulieren. Zu unterscheiden ist zwischen Auflage, Bedingung und Befristung.
Eine Auflage ist die mit einer Verfügung verbundene zusätzliche Verpflichtung zu einem Tun, Dulden oder Unterlassen. Die Auflage ist, im Gegensatz zur Bedingung, selbständig erzwingbar.
Eine Bedingung liegt vor, wenn die Rechtswirksamkeit einer Verfügung von einem künftigen ungewissen Ereignis abhängig gemacht wird.
Unter der Befristung einer Verfügung versteht man die zeitliche Begrenzung ihrer Geltung oder Rechtswirksamkeit.
Das Verfahren auf Erlass einer Verfügung ist in §§ 17 ff. VRP geregelt.
Das Verwaltungsverfahren wird von Amtes wegen oder auf Gesuch hin eingeleitet.
Die Behörde stellt den Sachverhalt von Amtes wegen fest (Untersuchungsgrundsatz). Beweismittel sind Urkunden, Auskünfte von Parteien oder Drittpersonen, Augenschein, Gutachten von Sachverständigen etc. Die Parteien haben eine Mitwirkungspflicht.
Den Betroffenen ist vor Erlass einer Verfügung, welche ganz oder teilweise zu ihren Ungunsten ausfällt, das rechtliche Gehör zu gewähren. Hierzu gehört auch das Recht auf Akteneinsicht, sofern nicht überwiegende private oder öffentliche Interesse dem entgegenstehen.
Die Behörde würdigt die Vorbringen der Parteien nach pflichtgemässem Ermessen, wendet das Recht jedoch von Amtes wegen an, d.h. sie subsumiert den Sachverhalt unter die massgeblichen Rechtsnormen und bestimmt die daraus sich ergebenden Rechtsfolgen.
Fehlerhaft ist eine Verfügung, wenn sie inhaltlich rechtswidrig ist oder in Bezug auf ihr Zustandekommen (Zuständigkeit, Form oder Verfahren) Rechtsnormen verletzt.
Es wird unterschieden zwischen Anfechtbarkeit einer Verfügung und Nichtigkeit einer Verfügung.
In der Regel bewirkt die Fehlerhaftigkeit einer Verfügung nur deren Anfechtbarkeit. Die Anfechtbarkeit bedeutet, dass die fehlerhafte Verfügung an sich gültig ist, aber von den Betroffenen während einer bestimmten Frist mit einem Rechtsmittel angefochten werden kann. Sie verliert ihre Gültigkeit erst, wenn sie durch Rechtsmittelentscheid aufgehoben oder abgeändert wird.
Nichtigkeit hingegen bedeutet absolute Unwirksamkeit einer Verfügung. Sie entfaltet von Beginn weg keinerlei Rechtswirkung. Die Nichtigkeit ist von Amtes wegen zu beachten und kann von jedermann (nicht nur dem Verfügungsadressaten) jederzeit (auch noch im Vollstreckungsverfahren) geltend gemacht werden.
Nichtig ist ein Entscheid nur ausnahmsweise, wenn der Mangel besonders schwer und offensichtlich oder leicht erkennbar ist und die Nichtigkeit die Rechtssicherheit nicht ernsthaft gefährdet (Abwägung zwischen dem Interesse an der Rechtssicherheit und dem Interesse an der richtigen Rechtsanwendung), so bei sachlicher und funktioneller Unzuständigkeit der anordnenden Behörde oder schwerwiegenden Form- und Eröffnungsfehlern.
Eine Verfügung ist formell rechtskräftig, wenn sie von den Betroffenen nicht mehr mit einem ordentlichen Rechtsmittel angefochten werden kann.
Die formelle Rechtskraft tritt ein,
- wenn die zur Anfechtung legitimierte Person ausdrücklich auf die Ergreifung des Rechtsmittels verzichtet;
- wenn die Rechtsmittelfrist unbenutzt abgelaufen ist;
- wenn gar kein ordentliches Rechtsmittel erhoben werden kann bzw. wenn die letzte Instanz entschieden hat.
Die materielle Rechtskraft bedeutet Unabänderlichkeit bzw. Unwiderrufbarkeit der Verfügung auch seitens der Verwaltungsbehörde. Die materielle Rechtskraft setzt die formelle Rechtskraft voraus.
Verwaltungsentscheide erwachsen, anders als im Zivil- oder Strafrecht, allerdings nur selten in materielle Rechtskraft. Eine Änderung der Verfügung durch die Verwaltungsbehörde, die sie erlassen hat, ist grundsätzlich sowohl vor als auch nach Eintritt der formellen Rechtskraft möglich. Nach Eintritt der formellen Rechtskraft sind die Voraussetzungen für eine Neubeurteilung allerdings strenger (vgl. § 34 VPR, Widerruf), insbesondere wenn sie zu Lasten des Betroffenen erfolgt. Ein solcher Fall kann allenfalls zur Schadenersatzpflicht des Gemeinwesens führen.
Die Verfügung ist vollstreckbar, wenn sie mit einem Rechtsmittel nicht mehr angefochten werden kann, d.h. formell rechtskräftig ist, oder dem Rechtsmittel keine aufschiebende Wirkung zukommt (vgl. § 76 VPR).
Geldleistungen werden nach den Vorschriften des Bundesgesetzes über Schuldbetreibungs- und Konkurs (SchKG) vollstreckt. Möglich ist bei öffentlich-rechtlichen Geldforderungen die Betreibung auf Pfändung oder Pfandverwertung, nicht aber auf Konkurs.
Bei einer Leistung, die nicht in einer Geldschuld besteht, kann Ersatzvornahme durch die verfügende Behörde oder durch einen Dritten unter Kostenfolgen des Pflichtigen angeordnet werden. Die Ersatzvornahme muss vorgängig unter Einräumung einer angemessenen Frist angedroht werden, falls nicht sofortiges Handeln zur Abwehr von Schäden oder Gefahren unumgänglich ist (§ 79 Abs. 1 VRP).
Um eine gesetzliche Pflicht oder eine Verfügung durchzusetzen, kann u.U. auch unmittelbarer Zwang, also eine direkte Einwirkung gegen Personen oder Sachen (§ 78 Abs. 1 Bst. c VRP) erforderlich sein (z.B. Schliessung eines Gastgewerbebetriebes). Hier ist insbesondere zu prüfen, ob nicht ein milderes Mittel zur Verfügung steht (Prinzip der Verhältnismässigkeit, vgl. auch § 78 Abs. 4 VPR).
Eine weitere Vollstreckungsmassnahme ist die Ordnungsbusse von maximal Fr. 500.-- für jeden Tag bis zur Erfüllung (§ 78 Abs. 1 Bst. d und § 79 VPR).
Enthält ein Gesetz keine Strafbestimmung, so kann eine Bestrafung wegen Art. 292 StGB angedroht werden (Bestrafung wegen Ungehorsams). Zuständig zur Bestrafung wegen Art. 292 StGB ist nicht die verfügende Behörde, sondern der Strafrichter.
Der verwaltungsrechtliche Vertrag ist eine Vereinbarung zwischen zwei oder mehreren Parteien, die auf einer übereinstimmenden Willenserklärung beruht und die Regelung eines konkreten Verwaltungsrechtsverhältnisses zum Gegenstand hat.
Im Gegensatz zur Verfügung als einseitige hoheitliche Anordnung stehen sich beim verwaltungsrechtlichen Vertrag zwei oder mehr Parteien als gleichberechtigte Partner gegenüber, die den Inhalt des Vertrages einvernehmlich regeln.
Zum privatrechtlichen Vertrag grenzt sich der verwaltungsrechtliche Vertrag insofern ab, als der Zweck des Vertrages in einem direkten, unmittelbaren Zusammenhang mit der Erfüllung einer öffentlichen Aufgabe steht und sich der Vertragsgegenstand auf Fragen bezieht, die üblicherweise im Verwaltungsrecht geregelt werden.
Verwaltungsrechtliche Verträge sind insbesondere:
- Verträge zwischen Verwaltungsträgern über die (gemeinsame) Erfüllung öffentlicher Aufgaben;
- Verträge, mit welchen Privaten zur Erfüllung von Verwaltungsaufgaben bzw. von Aufgaben im öffentlichen Interesse verpflichtet werden (Leistungsverträge etc.);
- Subventionsrechtliche Verträge, welche die Höhe und Modalitäten von Staatsbeiträgen sowie die Rechte und Pflichten der Subventionsempfänger regeln;
- Verträge, mit welchen das Gemeinwesen ein ihm zustehendes Exklusivrecht an Private überträgt (Monopol-Konzession, Sondernutzung von öffentlichem Grund etc.);
- Verträge zur Konkretisierung von gesetzlichen verwaltungsrechtlichen Rechten und Pflichten (Bewirtschaftungsbeiträge etc.);
- Verträge zur unmittelbaren Erfüllung von Verwaltungsaufgaben (z.B. Erschliessungsverträge).
Zulässig ist ein verwaltungsrechtlicher Vertrag immer dann, wenn der das betreffende Rechtsgebiet regelnde Erlass die Vertragsform nicht ausdrücklich ausschliesst (ausdrückliche oder stillschweigende gesetzliche Ermächtigung). Zudem müssen sachliche Gründe für die Vertragsform sprechen, insbesondere wenn ein erheblicher Handlungsspielraum besteht, der nach Sinn und Zweck des Gesetzes einvernehmlich ausgestaltet werden soll.
Der Inhalt von verwaltungsrechtlichen Verträgen muss rechtmässig und im öffentlichen Interesse sein.
Verwaltungsrechtliche Verträge bedürfen zu ihrer Gültigkeit der schriftlichen Form. Bei der Zuständigkeit zum Vertragsabschluss sind die finanziellen Auswirkungen und die damit verbundenen Ausgabenbefugnisse zu beachten.
Bei Streitigkeiten aus einem verwaltungsrechtlichen Vertrag kann jede Partei ihre Ansprüche mittels verwaltungsgerichtlicher Klage geltend machen (§ 67 VPR).
„Die verwaltungsinterne Verwaltungsrechtspflege ist das Verfahren, in dem eine Verwaltungsbehörde über die Erledigung einer verwaltungsrechtlichen Streitigkeit entscheidet. Die entscheidende Behörde ist Teil der hierarchisch aufgebauten Verwaltungsorganisation“ (Ulrich Häfelin/Georg Müller/Felix Uhlmann, Allgemeines Verwaltungsrecht, 7. Auflage, Zürich/St. Gallen 2016, S. 401 RZ 1735).
Die Einsprache ist ein förmlicher Rechtsbehelf, mit dem der Einsprecher Einwendungen erheben kann (§ 64 VRP)
- gegen den Entwurf eines Rechtssetzungserlasses oder gegen die Vorlage von Planungsmassnahmen;
- gegen einen von der Verwaltungsbehörde zu treffenden Verwaltungsakt;
- gegen eine erlassene Verfügung zum Zwecke der Wiederprüfung.
Das Einspracheverfahren ermöglicht eine Abklärung komplexer tatsächlicher oder rechtlicher Verhältnisse und eine umfassende Abwägung der verschiedenen von einer Verfügung berührten Interessen.
Die Einsprache muss im betreffenden Erlass als Rechtsbehelf vorgesehen sein (§ 64 VRP).
Zur Einsprache ist befugt, wer ein eigenes, unmittelbares und schützenswertes
Interesse dartut (§ 66 VRP mit Hinweis auf § 37 VRP).
Die Verwaltungsbeschwerde ist ein förmliches Rechtsmittel, mit dem von einer hierarchisch übergeordneten Behörde die Abänderung oder Aufhebung einer Verfügung verlangt wird.
Zulässigkeit
Die Verwaltungsbeschwerde ist grundsätzlich zulässig, wenn die Verfügung nicht endgültig ist oder durch Einsprache oder verwaltungsgerichtliche Beschwerde angefochten werden könnte (§ 44 VRP).
Beschwerdeinstanzen
Beschwerdeinstanzen sind gemäss § 45 Abs. 1 VRP:
- der Bezirksrat oder der Gemeinderat für Verwaltungsbeschwerden gegen die ihnen unterstellten Behörden und Organe;
- der Regierungsrat für Verwaltungsbeschwerden gegen die Bezirksräte und Gemeinderäte, die Organe kommunaler Zweckverbände, die Departemente, kantonale Kommissionen und Amtsstellen sowie die Organe kantonaler Anstalten.
Beschwerdegründe
Mit der Verwaltungsbeschwerde können gerügt werden (§ 46 VRP):
- die unrichtige oder unvollständige Feststellung des rechtserheblichen Sachverhaltes;
- die unrichtige Rechtsanwendung, einschliesslich der Überschreitung oder des Missbrauchs des Ermessens;
- Ermessensfehler (Aber: Überprüfung durch den Regierungsrat nur soweit, als die Autonomie der Bezirks- und Gemeindebehörde nicht verletzt wird).
Neue Tatsachen und Beweismittel können im Beschwerdeverfahren geltend gemacht werden (§ 48 VRP). Die Beschwerdeinstanz ist an die Anträge der Parteien nicht gebunden; sie kann die Verfügung oder den Entscheid unabhängig von den Anträgen zu Gunsten oder zu Ungunsten einer Partei ändern (§ 49 VRP).
Beschwerdefrist
Die Beschwerdefrist beträgt grundsätzlich 20 Tage (§ 47 Abs. 1 VRP).
Die Aufsichtsbeschwerde ist ein formloser Rechtsbehelf, durch den eine Verfügung oder eine andere Handlung einer Verwaltungsbehörde bei der Aufsichtsbehörde beanstandet und diese darum ersucht wird, die Verfügung aufzuheben, abzuändern oder beispielsweise eine disziplinarische Massnahme zu erlassen (§§ 91 ff. GOG).
Aufsichtsbehörde über die Gemeinden ist der Regierungsrat. Er kann, muss aber nicht auf eine Aufsichtsbeschwerde eintreten. Bei offensichtlicher Missachtung klaren materiellen Rechts, wesentlicher Verfahrensvorschriften oder Verletzung öffentlicher Interesse ist ein Tätigwerden jedoch angezeigt.
Ein Wiedererwägungsgesuch ist ein formloser Rechtsbehelf, mit dem der Betroffene die verfügende Verwaltungsbehörde ersucht, auf ihre Verfügung zurück zu kommen und sie abzuändern oder aufzuheben. Ein Wiedererwägungsgesuch kann sich nur auf erstinstanzliche Verfügungen beziehen, also z.B. auf Gemeinderatsbeschlüsse.
Die Verwaltungsbehörde ist nicht verpflichtet, auf das Wiederwägungsgesuch einzutreten (§ 34 Abs. 2 VRP). Ein Anspruch auf Prüfung und Beurteilung entsteht ausnahmsweise, wenn die Umstände sich seit dem ersten Entscheid wesentlich geändert haben oder der Betroffene neue Tatsachen oder Beweismittel geltend macht.
Das Revisionsgesuch ist ein ausserordentliches förmliches Rechtsmittel, mit dem eine formell rechtskräftige Verfügung oder ein rechtskräftiger Beschwerdeentscheid wegen des Vorliegens eines Revisionsgrundes bei der verfügenden Verwaltungsbehörde oder bei der entscheidenden Beschwerdeinstanz angefochten werden kann, so wenn
- die Verfügung oder der Entscheid durch eine strafbare Handlung beeinflusst wurde;
- die Partei nachträglich neue erhebliche Tatsachen oder Beweismittel vorbringt, die sie früher trotz zumutbarer Sorgfalt nicht vorbringen konnte;
- die Behörde wesentliche Verfahrensvorschriften verletzt hat, welche die dadurch benachteiligte Partei nicht rechtzeitig geltend machen konnte;
- die Behörde erhebliche Tatsachen, die sich aus den Akten ergeben, versehentlich nicht berücksichtigt hat (§ 61 VRP).
Das Revisionsbegehren ist innert 90 Tagen seit Feststellung des Revisionsgrundes, spätestens innert zehn Jahren seit Erlass der Verfügung oder des Entscheides, bei der Behörde einzureichen, welche die mit dem Revisionsbegehren angefochtene Verfügung oder den Entscheid getroffen hat (§ 62 VRP).
Dem Revisionsbegehren kommt keine aufschiebende Wirkung zu, wenn die Revisionsinstanz keine gegenteilige Anordnung trifft (§ 63 VRP). Gegen Revisionsentscheide sind die ordentlichen Rechtsmittel gegeben (§ 64 VRP).
Verwaltungsgerichtsbarkeit ist das Verfahren, in dem ein Gericht über die Erledigung von verwaltungsrechtlichen Streitigkeiten entscheidet. Im Gegensatz zu den für die verwaltungsinterne Verwaltungsrechtspflege zuständigen Instanzen gemäss § 45 VPR verfügen das Verwaltungsgericht sowie die selbstständigen Rekurskommissionen über richterliche Unabhängigkeit.
Mit der Verwaltungsgerichtsbeschwerde können beim Verwaltungsgericht insbesondere angefochten werden (vgl. § 51 VPR):
- Verfügungen und Entscheide des Regierungsrates, soweit nicht durch die VRP oder einen anderen Erlass der Weiterzug an das Verwaltungsgericht ausgeschlossen wird;
Der Regierungsrat kann eine Verwaltungsbeschwerde, welche er zu beurteilen hat, unmittelbar an das Verwaltungsgericht überweisen (sogenannte Sprungbeschwerde, § 52 VRP), sofern die Beschwerde nicht überwiegend aufsichtsrechtlicher Natur ist, ein Ausstandsbegehren betrifft oder die Verwaltungsgerichtsbeschwerde nach §§ 53 und 54 unzulässig ist (§ 52 Abs. 2 VRP).
- Ergebnisse von Volkswahlen in den Bezirken und Gemeinden und von Sachabstimmungen des Volkes sowie Bezirks- und Gemeindeversammlungsbeschlüsse;
- Unregelmässigkeiten bei der Vorbereitung von Volkswahlen in den Bezirken und Gemeinden und von Sachabstimmungen des Volkes;
- Verletzungen des Stimmrechts durch Organe der Bezirke, Gemeinden und Zweckverbände;
- Selbständige Vollstreckungsandrohungen und Vollstreckungsverfügungen.
In § 53 Abs. 1 VRP werden die Fälle aufgeführt, in denen die Verwaltungsgerichtsbeschwerde unzulässig ist, so insbesondere wenn die Verfügung oder der Entscheid durch einen Rechtssatz ausdrücklich als endgültig erklärt oder ein Beschwerdeentscheid an den Bundesrat oder an das Bundesverwaltungsgericht weitergezogen werden kann. Weitere Ausnahmen vom Weiterzug an das Verwaltungsgericht werden in § 53 Abs. 2 VRP aufgelistet (z.B. Erlass und Genehmigung von Richtplänen, Aufgaben der Infrastrukturplanung; vgl. dazu August Mächler, Justizreform des Bundes und ihre Umsetzung für die Staats- und Verwaltungsrechtspflege sowie das Verwaltungsverfahren im Kanton Schwyz, in: EGV-SZ 2010 S. 186 ff.).
Mit der Verwaltungsgerichtsbeschwerde kann geltend gemacht werden (§ 55 VRP):
- die unrichtige oder unvollständige Feststellung des rechtserheblichen Sachverhaltes;
- die unrichtige Rechtsanwendung, einschliesslich der Überschreitung oder des Missbrauchs des Ermessens;
- Ermessensfehler, aber nur in eingeschränktem Mass und nur in bestimmten Bereichen (vgl. § 55 Abs. 2 VRP). Die Autonomie der Bezirks- und Gemeindebehörde ist zu wahren.
Neue Tatsachen und Beweismittel können geltend gemacht werden, soweit der angefochtene Entscheid dazu Anlass gibt (§ 57 VRP). Im Gegensatz zu den Beschwerdeinstanzen der Verwaltungsbeschwerde ist das Verwaltungsgericht bzw. die Rekurskommission an die Parteianträge gebunden, d.h. es darf grundsätzlich weder zu Gunsten noch zu Ungunsten über die Parteianträge hinaus entschieden werden (§ 58 VRP); ausgenommen hiervon sind die Fälle, in denen das Verwaltungsgericht das Ermessen überprüfen kann oder wo ein Rechtssatz ausdrücklich etwas Anderes bestimmt (§ 59 VRP).
Die Beschwerdefrist beträgt grundsätzlich 20 Tage (§ 56 Abs. 1 VRP).
Sie beträgt lediglich zehn Tage (§ 56 Abs. 2 VRP) bei der Anfechtung von
- Volkswahlen in den Bezirken und Gemeinden und von Sachabstimmungen des Volkes;
- Unregelmässigkeiten bei der Vorbereitung von Volkswahlen in den Bezirken und Gemeinden und von Sachabstimmungen des Volkes;
- Verletzungen des Stimmrechts durch Organe der Bezirke, Gemeinden und Zweckverbände;
- Vollstreckungsandrohungen und Vollstreckungsverfügungen.
- Verfügungen aus dem Gebiet des öffentlichen Beschaffungswesens (Art. 15 Abs. 2 der Interkantonalen Vereinbarung über das öffentliche Beschaffungswesen, SRSZ 430.120.1).
Mit der verwaltungsgerichtlichen Klage wird eine verwaltungsrechtliche Streitigkeit beim Verwaltungsgericht anhängig gemacht, ohne dass vorher eine Verfügung oder ein Entscheid ergangen ist.
Gemäss § 67 VRP beurteilt das Verwaltungsgericht im Klageverfahren als einzige Instanz:
- Streitigkeiten aus öffentlich-rechtlichen Verträgen;
- Streitigkeiten aus Konzessionen zwischen einem Gemeinwesen und dem Konzessionär oder zwischen den Konzessionären unter sich;
- Streitigkeiten über öffentlich-rechtliche Entschädigungsansprüche gegenüber Gemeinwesen, andern Körperschaften und Anstalten des öffentlichen Rechts, sofern eine Entschädigungspflicht durch Rechtssatz vorgeschrieben ist;
- Streitigkeiten über Ansprüche aus einem dem öffentlichen Recht unterstellten Arbeitsverhältnis, einschliesslich Streitigkeiten über Ansprüche gegenüber der Versicherungskasse des Kantons Schwyz;
- Streitigkeiten aus dem Sozialversicherungsrecht, soweit für sie nach Bundesrecht oder kantonalem Recht der Klageweg vorgesehen ist;
- öffentlich-rechtliche Streitigkeiten zwischen Gemeinwesen, Anstalten und anderen Körperschaften des öffentlichen Rechts;
- andere Streitigkeiten, für welche eine besondere Vorschrift die verwaltungsgerichtliche Klage vorsieht.
Vor Einreichung der Klage teilt der Kläger dem Beklagten sein Begehren schriftlich mit. Der Beklagte nimmt dazu innert angemessener Frist Stellung. Kommt eine Partei dieser Pflicht nicht nach, so kann das Verwaltungsgericht dies bei der Kostenauflage berücksichtigen (§ 68 VRP).
Das Verwaltungsgericht beurteilt die ihm vorgelegten Anträge in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht frei (§ 70 VRP).