1. Rechtsquellen

Bundesverfassung BVSR 101
Kantonsverfassung KVSRSZ 100.000
Gesetz über die Organisation der Gemeinden und BezirkeGOGSRSZ 152.100
Gesetz über die Wahlen und AbstimmungenWAGSRSZ 120.100
Wahl- und AbstimmungsverordnungWAVSRSZ 120.111
VerwaltungsrechtspflegegesetzVRPSRSZ 234.110
Finanzhaushaltsgesetz für die Bezirke und Gemeinden FHG-BG SRSZ 153.100
Finanzhaushaltsverordnung für die Bezirke und Gemeinden FHV-BG  
Gesetz über die Haftung des Gemeinwesens und die Verantwortlichkeit seiner Funktionäre StHG SRSZ 140.100
Reglement über die Wahl und Prüfung der Land- und Gemeinde-schreiber   SRSZ 152.113
Archivgesetz ArchG SRSZ 140.610
JustizgesetzJGSRSZ 231.110

2. Organisation

2.1 Stimmberechtigte / Gemeindeversammlung

2.2 Gemeinderat

2.3 Rechnungsprüfungskommission

2.4 Gemeindeschreiber

2.5 Gerichtliche Behörden

2.6 Gemeindeautonomie

2.7 Aufsicht über die Gemeinden

2.8 Öffentliche-rechtliche Anstalten und Zweckverbände

 

Literatur/Quellen 

[Hinweis: Die nachfolgenden Ausführungen über die Gemeinden gelten für die Bezirke sinngemäss, soweit nicht Verfassung, Gesetz oder Verordnung etwas anderes vorschreiben (§ 1 Abs. 2 GOG).]

 


2.1 Stimmberechtigte / Gemeindeversammlung

Das gesetzgebende Organ (Legislative) wird aus der Gesamtheit der in der Gemeinde wohnhaften Stimmberechtigten gebildet (§ 8 Abs. 2 GOG).

 

Die ordentliche Gemeindeorganisation ist die einzige im Kanton derzeit bestehende Organisationsform, d.h. das oberste Organ der Gemeinde ist stets die Gemeindeversammlung. Bis heute hat kein Bezirk und keine Gemeinde von der Möglichkeit gemäss § 72 Abs. 2 KV und § 35 GOG Gebrauch gemacht, ein Gemeindeparlament einzuführen (ausserordentliche Gemeindeorganisation).

Die Stimmberechtigten üben ihre Befugnisse von Gesetzes wegen an der Urne aus (Urnensystem; § 8 Abs. 1 GOG) oder können generell die Einführung des Versammlungssystems beschliessen (§ 8 Abs. 3 GOG).

Ist das Versammlungssystem eingeführt, kann für bestimmte Sachgeschäfte eine Urnenabstimmung verlangt werden (§ 17 GOG).


2.2 Gemeinderat

Der Gemeinderat (Exekutive) nimmt Vollzugs- und Verwaltungsaufgaben wahr und vertritt die Gemeinde nach aussen (§ 42 GOG). Ihm obliegt die Vorbereitung von Geschäften, über welche die Gemeindeversammlung berät und abstimmt (§ 21 GOG) bzw. über die später an der Urne entschieden wird. 

Die Gemeindeangestellten sind dem Gemeinderat unterstellt.

 

Der Gemeinderat besteht neben dem Präsidenten und dem für das Ressort „Finanzen“ zuständigen Säckelmeister aus weiteren drei bis sieben Mitgliedern (§ 36 Abs. 1 GOG). Der Bezirksrat umfasst neben dem Bezirksammann, dem Bezirksstatthalter und dem Bezirkssäckelmeister zwei bis sechs weitere Mitglieder (§ 36 Abs. 2 GOG). Die genaue Anzahl der Ratsmitglieder wird in der Gemeinde- bzw. Bezirksordnung oder in einem besonderen Beschluss der Stimmberechtigten festgelegt.

 

Die Mitglieder des Gemeinde- und des Bezirksrats werden im Majorzsystem gewählt (§ 37 Abs. 1 GOG). Die Amtsdauer beträgt für den Gemeindepräsidenten und den Säckelmeister sowie für den Bezirksammann und den Bezirkssäckelmeister zwei Jahre. Alle übrigen Ratsmitglieder werden auf vier Jahre gewählt (§ 37 Abs. 2 GOG).

 

Zu beachten ist, dass als Gemeinderat grundsätzlich jede im Kanton stimmberechtigte Person wählbar ist (§ 38 Abs. 1 GOG). Ausgenommen sind Ehegatten und Personen in eingetragener Partnerschaft sowie Personen, die im ersten oder zweiten Grad verwandt oder verschwägert sind (§ 38 Abs. 3 GOG). Im ersten Grad verwandt sind: Vater, Mutter, Tochter, Sohn; im zweiten Grad verwandt sind: Grossvater/-mutter, Enkel, Bruder und Schwester.

 

Die gleiche Person kann nicht in verschiedenen Gemeinden gleichzeitig Gemeinderat oder Gemeindeschreiber und auch nicht Regierungsrat oder Staatsschreiber sein (§ 38 Abs. 2 GOG). Ebenso unvereinbar ist das Amt eines Gemeinderates mit jenem eines Richters oder Gerichtsschreibers (§ 36 Abs. 1 JG).(


2.3 Rechnungsprüfungskommission

Die Rechnungsprüfungskommission (§ 61 GOG, §§ 50 und 51 FHG-BG) prüft den Voranschlag, die Rechnung und die Kredite im Hinblick auf die Einhaltung der Grundsätze des Finanzhaushaltes (Rechtmässigkeit, Haushaltgleichgewicht, Sparsamkeit, Wirtschaftlichkeit, Verursacherfinanzierung und Vorteilsabgeltung; vgl. §§ 3 FHG-BG und FHV-BG). Eine weitergehende Prüfung steht ihr nicht zu, sie ist also keine Geschäftsprüfungskommission. Ihre Prüfungstätigkeit beschränkt sich somit auf den Finanzhaushalt, die Haushalts- und Buchführung und die Rechnungslegung in formeller, rechtlicher und materieller Hinsicht. Sie hat ausschliesslich den Voranschlag, die Rechnung und die Ausgabenbewilligungen zu prüfen.

 

Für die Prüfung kann sie auch Sachverständige beiziehen und es ist ihr unbeschränkt und jederzeit Einsicht in alle Belege zu geben (§ 61 Abs. 2 GOG, § 50 FHG-BG). Im Einzelfall kann umstritten sein, in welche Belege die Kommission Einsicht verlangen kann, da das Einsichtsrecht z.B. mit dem Persönlichkeitsschutz kollidieren kann (Personaldossiers, Fürsorgeunterstützung usw.).

 

Die Rechnungsprüfungskommission setzt den Säckelmeister über ihre Feststellungen, Vorschläge und Anträge in Kenntnis und hört ihn dazu an, bevor sie dem Gemeinderat und der Gemeindeversammlung ihre Berichte und Anträge erstattet (§ 51 Abs. 2 FHG-BG).

 

Die Mitglieder der Rechnungsprüfungskommission werden im Majorzsystem auf die Dauer von zwei Jahren gleichzeitig mit dem Gemeinderat gewählt (§§ 37 Abs. 1 und 56 Abs. 1 GOG). Die Rechnungsprüfungskommission konstituiert sich selbst (§§ 57 und 61 Abs. 2 GOG).


2.4 Gemeindeschreiber

Der Gemeindeschreiber unterstützt und berät den Gemeinderat bei der Erledigung seiner Geschäfte und koordiniert deren Umsetzung (§§ 66 ff. GOG).

 

Als Gemeindeschreiber darf nur gewählt werden, wer die Gemeindeschreiberprüfung im Kanton Schwyz bestanden hat, Inhaber des Rechtsanwaltspatentes ist oder die Fachprüfung einer anerkannten Verwaltungsschule erfolgreich abgelegt hat (§ 3 Abs. 1 des Reglements über die Prüfung und die Wahl der Land- und Gemeindeschreiber, SRSZ 152.113). Eine frei werdende Stelle als Gemeindeschreiber ist im kantonalen Amtsblatt und in den allfälligen übrigen Publikationsorganen der Gemeinde auszuschreiben (§ 66 Abs. 3 GOG).

 

Er wird von den Stimmberechtigten gewählt (§ 15 Abs. 1 Bst. b GOG), sofern diese nicht ihre Befugnis dem Gemeinderat übertragen haben, der den Gemeindeschreiber mit öffentlich-rechtlichem Vertrag anstellen kann (§ 67 Abs. 2 GOG). Aufsichtsrechtlich ist er in beiden Fällen dem Gemeinderat unterstellt, der ihn auch disziplinarisch zur Verantwortung ziehen kann.

 

Der Gemeindeschreiber besitzt im Gemeinderat Antragsrecht und kann an den Beratungen teilnehmen (§ 69 Abs. 1 GOG). Er hat sich dabei strikte an das Kollegialitätsprinzip zu halten. Einziger Grund davon abzuweichen bildet eine rechtswidrige oder gar strafbare Entscheidung des Gemeinderats, gegen die er sich bei der Aufsichtsbehörde zur Wehr setzen muss. Innerhalb des Gemeinderates hat er somit die Rolle des Legalitätsgaranten.


2.5 Gerichtliche Behörden

Die dritte Gewalt neben den Stimmberechtigten (Legislative) und dem Gemeinderat (Exekutive) sind die gerichtlichen Behörden (Judikative). Diese sind auf der Stufe Gemeinde der Vermittler und auf der Stufe der Bezirke das Bezirksgericht. Die Wahl erfolgt durch die Stimmberechtigten (§ 27 Bst. f und g KV sowie § 15 Abs. 1 Bst. a und Abs. 2 Bst. c GOG).

 

Es ist möglich, dass mehrere Gemeinden mittels Vereinbarung ein gemeinsames Vermittleramt führen oder deren Vermittler sich gegenseitig vertreten. Die betreffenden Vermittler sind von den Stimmberechtigten sämtlicher beteiligten Gemeinden (an der Urne) zu wählen.

 

Besteht für mehrere Bezirke ein Bezirksgericht, so sind dessen Präsident und die Richter von den Stimmberechtigten der beteiligten Bezirke an der Urne zu wählen (§ 15 Abs. 3 GOG).


2.6 Gemeindeautonomie

Die Autonomie der Gemeinde ist durch die Bundesverfassung (Art. 50 Abs. 1 BV) und die Kantonsverfassung (§ 69 Abs. 2 KV) gewährleistet. Deren Verletzung kann mit Beschwerde in öffentlilch-rechtlichen Angelegenheiten beim Bundesgericht gerügt werden.
Autonomie bedeutet das Recht zur Selbstgesetzgebung und zur Selbstverwaltung. Gemeindeautonomie gibt es im eigenen Wirkungsbereich, d.h. wo sich die Gemeinde selbst eine Aufgabe gibt. Dort stösst die Autonomie nur an die von der Bundesverfassung gezogenen Grenzen, insbesondere bezüglich Grundrechte. § 71 Abs. 2 KV enthält für   örtliche Angelegenheiten eine Kompetenzvermutung zugunsten der Gemeinden.

 

Autonomie gibt es aber auch im übertragenen Wirkungsbereich, d.h. dort, wo das kantonale Recht den Gemeinden bestimmte Sachgebiete zur selbständigen Erledigung überlässt. Die Gemeinde kann weitgehend frei darüber entscheiden, wie sie die ihr übertragenen Aufgaben im Rahmen des übergeordneten Rechts erfüllen will.

 

Beispiele für den autonomen Bereich:

  • Lokaler öffentlicher Verkehr
  • Benützung von Gemeindebauten und – anlagen
  • Wirtschaftsförderung

 

Im Gegensatz dazu steht der nicht autonome Tätigkeitsbereich. Hier überträgt der Kanton in gewissen Sachgebieten die Ausführung des kantonalen Rechts den Gemeinden, welchen als reinen Vollzugsorganen keine oder nur geringe Entscheidungsfreiheit zukommt.

 

Beispiele für den nicht autonomen Bereich:

  • Personenmeldewesen
  • Zivilstandswesen
  • Fuss- und Wanderwege

 

Massgebliches Kriterium für die Autonomie ist die vom kantonalen Recht eingeräumte relativ erhebliche Entscheidungsfreiheit in einem bestimmten Sachbereich (BGE 135 I 233, 241).


2.7 Aufsicht über die Gemeinden

Der Kanton, genauer der Regierungsrat, hat zu prüfen, ob die Tätigkeit der Gemeinden mit dem Bundesrecht, dem kantonalen Recht und dem Gemeinderecht übereinstimmt (§§ 84 ff. GOG). Er hat sicher zu stellen, dass die Gemeinden den ihnen vom kantonalen oder vom Bundesrecht übertragenen Aufgaben nachkommen und hat für den richtigen Vollzug zu sorgen. Dabei geht es auch um den verantwortungsvollen Umgang mit den Gemeindefinanzen. Der Finanzhaushalt muss gesetzmässig, sparsam, wirtschaftlich sowie auf Dauer ausgeglichen geführt werden (§ 78 Abs. 1 KV, §§ 3 FHG-BG und FHV-BG).

 

Der Regierungsrat kann Kommunaluntersuche gemäss § 90 GOG durchführen. Diese können systematisch in allen Gemeinden oder auch nur einzelfallweise bei besonderen Vorkommnissen oder auf Aufsichtsanzeige hin durchgeführt werden. Auch die Genehmigungspflicht für gewisse Geschäfte (z.B. Gemeindeordnung, Reglemente oder Nutzungspläne) und das Beschwerdeverfahren sind Aufsichtsmittel. Bei einer Aufsichtsanzeige, einem formlosen Rechtsbehelf, welcher nicht an Fristen und Formen gebunden ist (§ 91 GOG), besteht kein Anspruch auf eine Behandlung durch den Regierungsrat bzw. den Gemeinderat. Bei offensichtlicher Missachtung klaren materiellen Rechts, wesentlicher Verfahrensvorschriften oder Verletzung öffentlicher Interesse ist ein Tätigwerden jedoch angezeigt.

 

Der Regierungsrat kann konkrete Weisungen erteilen (§ 88 Abs. 2 GOG) oder Ersatzvornahmen auf Kosten der Gemeinde durchführen. Er kann Verfügungen/Beschlüsse aufheben und alle weiteren notwendigen Anordnungen treffen, die geeignet sind, einen festgestellten Missstand zu beheben (§ 92 GOG). Ausdrücklich vorgesehen sind die Möglichkeiten des Regierungsrates, eine Gemeindeversammlung einzuberufen (§ 19 Bst. d GOG) oder eine Schadenersatzklage gegen den Gemeinderat zu Gunsten der Gemeinde zu erheben (§ 13 Bst. b StHG).


2.8 Anstalten der Gemeinden und Zweckverbände

(August Mächler, Die Erfüllung von Gemeindeaufgaben durch ausgegliederte Verwaltungseinheiten, in: EGV-SZ 1989, S. 153 ff.)

Die Gemeinden erfüllen ihre öffentlichen Aufgaben selbst, übertragen sie einem Dritten oder arbeiten mit anderen Gemeinden zusammen (§ 77 Abs. 1 GOG). Dazu können sie die Aufgabenerfüllung in Anstalten, Aktiengesellschaften usw. ausgliedern, Leistungsvereinbarungen mit Dritten abschliessen oder mit anderen Gemeinden einen Zweckverband gründen (§§ 73 KV und 77 Abs. 2 GOG).

 

Will eine Gemeinde bestimmte öffentliche Aufgaben nicht durch die Verwaltung selbst erfüllen, kann sie dafür juristische Personen des öffentlichen oder privaten Rechts errichten oder sich an solchen beteiligen (Ausgliederung der Aufgaben in unselbständige oder selbständige Anstalten, Aktiengesellschaften, Stiftungen usw.). Eine Ausgliederung bedarf der Zustimmung der Stimmberechtigten (§ 78 Abs. 2 GOG). Die Aufgaben können zudem durch eine Leistungsvereinbarung einem Dritten übertragen bzw. von diesem bezogen werden (Leistungsübertragung/-einkauf).

 

Der Zweckverband, auch Gemeindeverband genannt, ist ein öffentlich-rechtlicher Zusammenschluss mehrerer Gemeinden zur gemeinschaftlichen Erfüllung bestimmter kommunaler Aufgaben (§§ 79 f. GOG). Gemeinden können für ihre Zusammenarbeit auch gemeinsame Einrichtungen gründen (§ 81 GOG).

 

Zweckverbände eignen sich insbesondere für grenzüberschreitende Aufgaben wie die Führung von Altersheimen oder die Errichtung und den Betrieb von Abwasserreinigungsanlagen und ermöglichen es auch kleineren oder finanzschwächeren Gemeinden, welche finanziell oder organisatorisch nicht in der Lage wären, bestimmte kommunale Einrichtungen allein zu betreiben, ihren Aufgaben nach zu kommen. 

 

Der Zusammenschluss zu einem Zweckverband ist grundsätzlich freiwillig und bedarf der Zustimmung der Stimmberechtigten der beitretenden Gemeinden sowie der Genehmigung des Regierungsrates (§ 12 Abs. 1 Bst. f und § 79 Abs. 1 GOG). Eine Zwangsmitgliedschaft kann dann angeordnet werden, wenn wichtige öffentliche Interessen es erfordern und eine Tätigkeit nur so zweckmässig erfüllt werden kann (z.B. Beitritt zu einem Abfallverwertungs-Zweckverband).

Zweckverbände sind demokratisch zu organisieren und deren Statuten müssen zwingend ein Referendums- und Initiativrecht vorsehen (§ 39 Abs. 1 KV). Zur demokratischen Organisation gehört mindestens eine Delegiertenversammlung, ein Vorstand und eine Kontrollstelle (§ 80 Abs. 1 GOG). Im Weiteren wird der Statuteninhalt durch § 80 Abs. 2 GOG bestimmt. Trotz diesen grundsätzlichen Regelungen haben die Gemeinden in der näheren Ausgestaltung von Zweckverbänden und gemeinsamen Einrichtungen weitgehenden Spielraum.

 

3. Geschäftsordnung des Gemeinderats

3.1 Konstituierung

3.2 Aufgaben des Gemeinderats

3.3 Ablauf der Gemeinderatssitzung

3.3.1 Einberufung

3.3.2 Verhandlungsleitung

3.3.3 Abstimmung

3.3.4 Protokoll

3.3.5 Präsidialverfügungen

3.3.6 Zirkularbeschlüsse

3.3.7 Eröffnung / Veröffentlichung der Entscheide

 

Literatur/Quellen

  • Huwyler, GOG, S. 130 ff.


3.1 Konstituierung

Der Amtsantritt nach einer Erneuerungswahl findet spätestens am 1. Juli des Wahljahres statt (§ 41 Abs. 1 GOG); sind noch nicht alle Mitglieder rechtskräftig gewählt, hat der Gemeinderat sich vorläufig zu konstituieren.

 

Der Gemeinderat konstituiert sich selbst, d.h. abgesehen vom Gemeindepräsidenten und Säckelmeister, deren Aufgaben bereits im Gesetz grob umschrieben sind (vgl. §§ 62 und 65 GOG), werden die Ressorts und Aufgaben gemeinsam zugewiesen und die Stellvertretungen – auch die des Gemeindeschreibers (§ 68 GOG) – bestimmt.


3.2 Aufgaben des Gemeinderats

Der Gemeinderat stellt gegenüber den Stimmberechtigten an der Gemeindeversammlung Anträge zur Rechtsetzung (insb. zum Erlass von Reglementen) sowie für Verwaltungsakte (insb. zu den Voranschlagskrediten und Ausgabenbewilligungen).

 

Er vollzieht die Beschlüsse der Gemeindeversammlung und vertritt die Gemeinde nach aussen (§ 42 GOG). Der Gemeinderat handelt bei der Vertretung nach aussen durch den Gemeindepräsidenten und den Gemeindeschreiber (§ 42 Abs. 3 GOG). Rechtsverbindliche Unterschrift für den Gemeinderat können grundsätzlich nur diese beiden bzw. ihre Stellvertretungen leisten. Jedoch kann die Unterschriftsberechtigung für bestimmte Bereiche generell delegiert werden (§ 42 Abs. 3 GOG).

 

Der Gemeinderat wählt die Kommissionen (ausser RPK) auf zwei Jahre (§§ 53 ff. GOG) sowie die Verwaltungsmitarbeitenden (§ 71 GOG) und die Lehrer, soweit nicht dem Schulrat übertragen (§ 60 des Volksschulgesetzes vom 19. Oktober 2005, SRSZ 611.210). Er hat die (disziplinarische) Aufsicht sowohl über die Kommissionsmitglieder und die Verwaltungsmitarbeitenden als auch über den Gemeindeschreiber.

 

Der Gemeinderat wählt ebenfalls den Betreibungsbeamten (§ 1 Abs. 1 EGzSchKG), die fachliche Aufsicht liegt jedoch bei den Gerichten. Die Wahl des Notars und des Konkursbeamten obliegt dem Bezirksrat (§ 82 Abs. 3 EGzZGB sowie § 3 Abs. 2 EGzSchKG).

Gestützt auf § 43 Abs. 1 GOG kann der Gemeinderat verschiedene ihm zustehende Befugnisse ganz oder teilweise nach ‘unten’, d.h. an einzelne Mitglieder, Kommissionen, oder Verwaltungsstellen und Mitarbeiter delegieren. Soweit der Erlass von Verfügungen (unter Vorbehalt des Beschwerderechts an den Gemeinderat) delegiert wird, ist diese Kompetenzdelegation in einem öffentlichen Register festzuhalten. Dies empfiehlt sich aus Transparenzgründen auch für die anderen delegierten Befugnisse.

 

Gemäss § 95 Abs. 1 GOG und § 45 Abs. 1 Bst. a VRP hat der Gemeinderat auch gewisse richterliche Funktion, indem Beschlüsse und Verfügungen von Behördemitgliedern, Kommissionen, Verwaltungsstellen und Mitarbeiter der Gemeinde beim Gemeinderat angefochten werden können. Eine gesetzlich vorgeschriebene Ausnahme gilt jedoch beispielsweise für Beschlüsse der Baukommission mit selbständiger Entscheidungsbefugnis (§ 76 Abs. 1 PBG). Auch Beschwerden betreffend Unregelmässigkeiten beim Stimmregister oder bezüglich dem Wahlanmeldeverfahren sind durch den Gemeinderat bzw. das Wahl- und Abstimmungsbüro zu entscheiden (§§ 11 Abs. 2 und 23a ff. WAG).

 

Weitergehende Aufgaben stehen dem Gemeinderat zu, sofern sie im Interesse der Gemeinde sind und die Gemeindeversammlung ihm die erforderlichen Mittel hierfür zur Verfügung stellt.


3.3 Ablauf der Gemeinderatssitzung

3.3.1 Einberufung

Der Gemeindepräsident beruft den Gemeinderat ein, so oft es nötig ist oder wenn ein Drittel der Gemeinderatsmitglieder eine Sitzung abhalten möchten (§ 44 Abs. 1 und 2 GOG). Üblicherweise tritt der Gemeinderat regelmässig zusammen, in vielen Gemeinden alle zwei Wochen.

 

Die Einladung hat mindestens drei Tage vor der Sitzung zu erfolgen (§ 44 Abs. 3 GOG). Die Form ist nicht vorgeschrieben, in der Regel erfolgt sie jedoch schriftlich, unter Angabe der Traktanden. Zulässig ist die Einladung per e-mail mit Zugriff auf die Sitzungsunterlagen über eine geschützte Intranet-Plattform.

 

Erstmals zu behandelnde Geschäfte müssen auf Begehren eines Drittels der anwesenden Gemeinderatsmitglieder auf die nächste Sitzung vertagt werden (§ 46 Abs. 1 GOG), um eine bessere Vorbereitung zu ermöglichen.

Die Gemeinderatsmitglieder sind zur Teilnahme grundsätzlich verpflichtet (§ 44 Abs. 4 GOG).


3.3.2 Verhandlungsleitung

Der Gemeindepräsident, bei Abwesenheit der Vizepräsident, leitet die Verhandlungen des Gemeinderats (§ 44 Abs. 1 GOG).

Er erteilt das Wort zunächst demjenigen Behördenmitglied, welches das betreffende Geschäft im Gemeinderat zu vertreten hat, danach wird die Beratung fortgesetzt, bis sie erschöpft ist (§ 27 GOG sinngemäss). In der Folge bringt der Gemeindepräsident die Anträge zur Abstimmung (§ 46 Abs. 1 GOG, mit Verweis auf §§ 28 ff. GOG und damit auf das Verfahren in der Gemeindeversammlung).


3.3.3 Abstimmung

Der Gemeinderat ist beschlussfähig, wenn die Mehrheit der stimmberechtigten Mitglieder anwesend ist (§ 74 Abs. 1 GOG).

Ausstands- und Ablehnungsgründe (vgl. § 73 GOG mit Verweis auf §§ 132 und 133 JG i.V.m. § 4 Abs. 1 VRP) sind frühzeitig geltend zu machen. Im Zweifelsfall hat der Gemeinderat in Abwesenheit des betreffenden Mitgliedes darüber zu befinden. Liegt ein Ausstandsgrund vor, muss der betreffende Gemeinderat den Raum bereits für die Beratung des Geschäftes verlassen und nicht erst auf die Abstimmung hin.

 

Anträge, zu denen kein Gegenantrag vorliegt, gelten ohne Abstimmung als genehmigt (§ 46 Abs. 3 GOG).

Ist eine Abstimmung erforderlich, wird mit offenem Handmehr abgestimmt. Es besteht Stimmpflicht (§ 46 Abs. 4 GOG). Eine geheime Abstimmung ist durchzuführen, wenn die Mehrheit der anwesenden Gemeinderatsmitglieder  dies verlangt; für die Durchführung einer geheimen Wahl genügt der Antrag eines Gemeinderatsmitgliedes (§ 46 Abs. 4 GOG).

 

Der Gemeinderat entscheidet mit Stimmenmehrheit (§ 46 Abs. 5 GOG). Der Gemeindepräsident stimmt ebenfalls ab und trifft bei Stimmengleichheit den Stichentscheid (§ 45 Abs. 2 GOG).

 

Als Kollegialbehörde hat der Gemeinderat ausschliesslich den Mehrheitsentscheid nach aussen zu vertreten. Allerdings muss auf Verlangen eines Mitgliedes der unterlegene Minderheitsantrag protokolliert werden (§ 47 Abs. 3 GOG).


3.3.4 Protokoll

Der Gemeindeschreiber führt das Protokoll und hält Sachverhalt, Erwägungen und Beschluss fest (§ 47 GOG). Als Grundlage für das Protokoll dienen in der Praxis häufig von den Verwaltungsmitarbeitern oder beratenden Kommissionen (z.B. Planungs- oder Verkehrskommission) vorbereitete Anträge an den Gemeinderat.

 

Das Protokoll ist jeweils vom Gemeinderat zu genehmigen. Es ist ihm vorgängig mindestens zwei Tage vor der Sitzung zugänglich zu machen (§ 48 GOG), sei es durch physische oder elektronische Auflage.


3.3.5 Präsidialverfügungen

Bei Dringlichkeit kann der Gemeindepräsident bzw. der Vizepräsident eine Präsidialverfügung erlassen, sofern der Gemeinderat für den anstehenden Entscheid nicht rechtzeitig einberufen werden kann. Die Präsidialverfügung ist an der nächsten Sitzung dem Gemeinderat zur nachträglichen Genehmigung vorzulegen (§ 64 GOG).


3.3.6 Zirkularbeschlüsse

Gemäss Huwyler, GOG, S. 137, sind Zirkularbeschlüsse nicht zulässig, da vom Gesetz nicht ausdrücklich vorgesehen. Er begründet seine Meinung zudem damit, dass eine Beratung des betreffenden Geschäftes auf dem Zirkularwege gar nicht möglich sei. Auch der Regierungsrat hat in RRB Nr. 207 vom 11. März 2008 festgehalten: „Der Ausschluss der mündlichen Beratung bzw. der freien Diskussion ist (deshalb) bedenklich.“

 

Dieser Ansicht kann entgegengehalten werden, dass auch bei der Präsidialverfügung die eigentliche Beratung im Gremium erst nachträglich, nämlich bei der Genehmigung, stattfindet. Ausserdem gelten gemäss § 36 Abs. 3 GOG Anträge, zu denen kein Gegenantrag vorliegt, ohne Abstimmung als genehmigt. Daraus kann gefolgert werden, dass ein Zirkularbeschluss zustande kommt, sofern kein Gegenantrag erfolgt. Wird jedenfalls im Zirkularverfahren ein Gegenantrag gestellt oder Beratung verlangt, muss die Beratung und die Abstimmung auf die ordentliche Gemeinderatssitzung verschoben werden oder eine ausserordentliche Gemeinderatssitzung einberufen werden.

 

Soweit für einen Zirkularbeschluss die Dringlichkeit einer Entscheidung ins Feld geführt wird, steht dafür immer die Präsidialverfügung zur Verfügung.


3.3.7 Eröffnung/Veröffentlichung der Entscheide

Die Beschlüsse des Gemeinderats sind den Betroffenen formell zu eröffnen, § 39 GOG (Zum Inhalt und Form der Verfügung).

Grundsätzlich sind die Beratungen des Gemeinderates nicht öffentlich. Der Gemeinderat untersteht dem Amtsgeheimnis, welches auch nach Ablauf der Amtsdauer Geltung beibehält.

 

Dennoch kann und soll der Gemeinderat Entscheide, welche für die Allgemeinheit von Interesse sind, in geeigneter Form veröffentlichen (Ratsbericht, Internet etc.). Vorbehalten bleiben in jedem Fall entgegenstehende öffentliche oder private Interessen (§ 45 Abs. 2 und 3 KV und § 40 GOG). Es ist sowohl dem Öffentlichkeitsprinzip als auch dem Datenschutz   Rechnung zu tragen.

Als Kollegialbehörde muss der Gemeinderat den Entscheid nach aussen einheitlich vertreten. So darf nicht kommuniziert werden, wer wie argumentiert und abgestimmt hat.

 

 

4. Gemeindeversammlung

4.1 Befugnisse

4.2 Einberufung

4.3 Ablauf

4.4 Anträge

4.4.1 Formelle Anträge

Antrag auf Rückweisung

Antrag auf Verschiebung

Antrag auf Trennung eines Geschäfts

Antrag auf Einberufung einer neuen Versammlung

Antrag auf Beendigung der Diskussion

Antrag auf geheime Abstimmung

4.4.2 Materielle Anträge

Antrag auf Eintreten/Nichteintreten

Antrag auf Annahme/Ablehnung

Antrag auf Abänderung

Antrag zu Voranschlag, Steuerfuss und Rechnung

4.4.3 Antrag auf geheime Abstimmung an der Versammlung

4.5 Rechtsmittel

 

Literatur/Quellen


4.1 Befugnisse

Die Stimmberechtigten üben ihre Befugnisse (Sachabstimmungen, Wahlen) grundsätzlich an der Urne aus, wobei Sachgeschäfte an der Gemeindeversammlung vorberaten werden (§§ 12 ff. GOG). Für gewisse Sachgeschäfte ist ausschliesslich die Gemeindeversammlung zuständig, eine Urnenabstimmung darüber ist ausgeschlossen (§ 16 GOG).

 

Die Stimmberechtigten beschliessen gemäss § 12 Abs. 1 GOG an der Urne generell über folgende Sachgeschäfte:

a) den Erlass einer Gemeindeordnung;
b)  den Erlass von Rechtssätzen, soweit nicht nach kantonalem oder kommunalem Recht ein anderes Organ zuständig ist;
c)  die Erteilung von Ausgabenbewilligungen und deren Erhöhung;
d)  den Erwerb und die Veräusserung von Grundstücken mit Ausnahme geringfügiger Geschäfte;
e)  den Erlass eines Personal- und Besoldungsreglements für die Mitarbeiter der Gemeinde und ihrer Anstalten;
f)   die Errichtung von juristischen Personen des öffentlichen oder privaten Rechts und von Zweckverbänden sowie über den Beitritt zu solchen;
g)  Bestandes- und Gebietsänderungen;
h)  Zusammenarbeitsverträge mit anderen Gemeinden, mit denen hoheitliche Befugnisse übertragen oder neue Ausgaben bewilligt werden;
i)   Initiativen und allfällige Gegenvorschläge zu Pluralinitiativen;
j)   weitere durch die Gesetzgebung vorgesehene Geschäfte.

 

Mit Ausnahme des Erlasses eines Personal- und Besoldungsreglements für das Personal der Gemeinde, welcher an den Gemeinderat delegiert werden kann, sind die Befugnisse der Gemeindeversammlung nicht übertragbar (§ 12 Abs. 3 GOG).

 

Gemäss § 15 Abs. 1 GOG werden durch die Gemeinden an der Urne gewählt:

a)  der Gemeindepräsident, der Säckelmeister, die übrigen Mitglieder des Gemeinderates, der Vermittler und seine Stellvertreter sowie die Rechnungsprüfer;
b)  der Gemeindeschreiber, sofern nicht die Anstellung durch den Gemeinderat vorgesehen ist.

Durch die Stimmberechtigten der Bezirke werden gemäss § 15 Abs. 2 GOG gewählt:
a)  der Bezirksammann, der Säckelmeister, die übrigen Mitglieder des Bezirksrates und die Rechnungsprüfer;
b)  der Land- oder Ratschreiber, sofern nicht die Anstellung durch den Bezirksrat vorgesehen ist;
c)  der Präsident und die Richter des Bezirksgerichts;
d)  die dem Bezirk zugeteilten Kantonsrichter.

 

Ausschliesslich und ohne die Möglichkeit, darüber eine Urnenabstimmung abzuhalten, wird an der Gemeindeversammlung über folgende Sachgeschäfte beschlossen (§ 16 GOG):

a)   die Festsetzung des Voranschlages, der Nachtragskredite und des Steuerfusses sowie die Kenntnisnahme der übrigen Teile des Finanzplanes;
b)  die Genehmigung der Jahresrechnung;
c)  Einbürgerungen, soweit diese der Gemeindeversammlung übertragen sind;
d)  weitere durch das kantonale Recht ausdrücklich der Gemeindeversammlung vorbehaltene Geschäfte.

 

In den meisten Gemeinden kommt der Gemeindeversammlung bei Wahlen fast keine Funktion mehr zu,diese meist an der Urne vorgenommen werden. Hingegen müssen alle Sachgeschäfte an einer Gemeindeversammlung zwingend vorberaten werden (§ 13 Abs. 1 GOG) und wichtige Sachgeschäfte wie Festsetzung des Voranschlags mit dem Steuerfuss, Genehmigung der Jahresrechnung usw. (§ 16 GOG) bleiben in der abschliessenden Zuständigkeit der Gemeindeversammlung.


4.2 Einberufung

Pro Jahr haben mindestens zwei Gemeindeversammlungen stattzufinden: Eine für die Festsetzung des Voranschlages und des Steuerfusses bis Mitte Dezember sowie für die Genehmigung der Jahresrechnung bis Mitte Mai (§ 18 Abs. 1 GOG und § 11 Abs. 1 FHG). Sie hat zu einem Zeitpunkt stattzufinden, der den Erwerbstätigen eine Teilnahme ermöglicht.

 

Der Gemeinderat beruft zusätzlich ausserordentliche Gemeindeversammlungen ein, wenn er es als erforderlich erachtet, wenn eine frühere Gemeindeversammlung dies beschlossen hat, wenn die Behandlung einer Pluralinitiative dies erfordert oder wenn der Regierungsrat als Aufsichtsbehörde es anordnet (§ 19 GOG).

 

Die Einladung zur Gemeindeversammlung hat mindestens zehn Tage vorher durch Publikation im ortsüblichen Publikationsorgan sowie durch Versand an alle Haushaltungen oder Stimmberechtigten zu erfolgen (§ 20 GOG). Die Traktandenliste muss die zu behandelnden Geschäfte aufführen. Der Gemeinderat hat dafür besorgt zu sein, dass der Stimmbürger sich ein klares und vollständiges Bild über die Geschäfte und die konkreten Anträge machen kann. Finanzplan, Voranschlag, Rechnung sowie Bericht und Antrag der Rechnungsprüfungskommission sind zumindest in zusammengefasster Form den Stimmberechtigten zuzustellen, andere für das Verständnis erforderliche Unterlagen wie Pläne etc. sind öffentlich aufzulegen (§ 48 Abs. 3 FHG und § 20 GOG).


4.3 Ablauf

Die Gemeindeversammlung ist öffentlich (§ 22 Abs. 1 GOG), es können also auch Nicht-Stimmberechtigte (Medienvertreter, Besucher etc.) teilnehmen, welche aber separiert von den Stimmberechtigten Platz nehmen sollten.

 

Der Gemeindepräsident ist der Versammlungsleiter und sorgt für einen geordneten Ablauf (§ 23 GOG).  

Nach der Eröffnung der Versammlung werden drei bis sechs Stimmenzähler gewählt, welche zusammen mit dem Gemeindepräsidenten und dem Gemeindeschreiber, welcher das Protokoll führt, das Büro der Gemeindeversammlung bilden (§ 24 GOG).  Dieses ist zuständig für die Organisation und Ermittlung der Abstimmungs- und Wahlergebnisse.

 

Um die Protokollführung zu erleichtern, kann die Versammlung akustisch aufgenommen werden, sofern die Anwesenden darauf aufmerksam gemacht werden (§ 34 Abs. 2 GOG). Gemäss § 34 Abs. 1 GOG genügt ein Kurzprotokoll, d.h. eine Zusammenfassung der einzelnen Voten, nicht aber ein reines Beschlussprotokoll.

 

Die Versammlung kann zu Beginn die Reihenfolge der Traktanden ändern (§ 26 GOG). Ein Geschäft abtraktandieren kann jedoch nur der Gemeinderat. Anträge zur Traktandenliste, die ein neues Geschäft zum Inhalt haben, sind unzulässig.

 

Bei jedem Geschäft erstattet zunächst ein Vertreter des Gemeinderats oder einer Spezialkommission Bericht, bei der Rechnung ist der Rechnungsprüfungskommission das Wort zu erteilen (§ 27 Abs. 1 GOG). Auch Fachleute können zur Verdeutlichung der Sach- und Rechtslage beigezogen werden. Anschliessend wird die Diskussion eröffnet. Dabei hat jeder Stimmberechtigte das Recht, Auskunft zu einem traktandierten Geschäft zu erhalten, soweit nicht überwiegende öffentliche oder private Interessen dagegensprechen. Nichtstimmberechtigten kann das Wort erteilt werden, wenn sie von einem Geschäft besonders betroffen sind und das Büro damit einverstanden ist (§ 25 Abs. 2 GOG). Bei Einbürgerungsgesuchen wird in einzelnen Gemeinden den Gesuchstellern das Wort für eine kurze persönliche Vorstellung erteilt, wenn die Erteilung des Bürgerrechts in die Zuständigkeit der Gemeindeversammlung fällt. 

 

Der Gemeindepräsident als Versammlungsleiter entscheidet allein, gegebenenfalls nach Rücksprache mit dem Büro, über die Zulässigkeit von Anträgen und erklärt jeweils den Abstimmungsvorgang (§ 28 Abs. 1 GOG). An Abstimmungen nimmt er nur bei Stimmengleichheit teil, d.h. in diesem Fall hat er den Stichentscheid (§ 31 GOG).

 

Bei der Abstimmung entscheidet das absolute Mehr der Stimmenden, also nicht der Anwesenden (§ 30 Abs. 1 GOG). Die Nicht-Stimmenden (Stimmenthaltungen) fallen damit ausser Betracht und müssen deshalb vom Versammlungsleiter auch nicht erhoben werden. Es empfiehlt sich in Zweifelsfällen, das genaue Stimmverhältnis festzuhalten, auch wenn eine Schätzung durch die Stimmenzähler grundsätzlich genügen würde. Kann das Mehr durch Schätzung nicht zweifelsfrei ermittelt werden, sind spätestens bei der dritten Abstimmung die einzelnen Stimmen zu zählen (§ 30 Abs. 2 GOG). 

Ergibt sich bei der Auszählung einer geheimen Abstimmung die gleiche Stimmenzahl, so gilt ein Antrag als nicht angenommen, denn er muss eine Mehrheit auf sich vereinen. Es gibt keinen Stichentscheid des Gemeindepräsidenten wie bei der offenen Abstimmung. Die Losziehung gilt nur bei Wahlen.

 

Während die Teilnahme des Gemeindepräsidenten in der Gemeindeversammlung geregelt ist (keine Teilnahme im offenen Handmehr, Teilnahme bei geheimen Wahlen und Abstimmungen), wird die Teilnahme der übrigen Mitglieder des Gemeinderates differenziert betrachtet. Unbestritten können die Mitglieder des Gemeinderates an geheimen Wahlen und Abstimmungen teilnehmen. Im offenen Handmehr enthalten sich teilweise die Mitglieder des Gemeinderates der Stimmabgabe oder verpflichten sich im Sinne des Gesamtgemeinderates abzustimmen, um sich nicht einer Verletzung des Kollegialitätsprinzips auszusetzen. Es wird auch die Meinung vertreten, in der Gemeindeversammlung stehen auch den Mitgliedern des Gemeinderates die politischen Rechte wie jeden anderen Stimmberechtigten zu.


4.4 Anträge

Über jedes einer Urnenabstimmung unterstellte Sachgeschäft ist vorher an der Gemeindeversammlung zu beraten. Darauf kann (auch z.B. aus zeitlicher Dringlichkeit) nicht verzichtet und sofort zu einer Urnenabstimmung geschritten werden.

4.4.1 Formelle Anträge

Gemäss § 28 Abs. 2 GOG sind Anträge auf Rückweisung, Verschiebung oder Trennung eines Geschäfts vorrangig zu behandeln.

 

Antrag auf Rückweisung

Mit dem Antrag auf Rückweisung wird der Gemeinderat beauftragt, ein Geschäft noch einmal zu prüfen. Ein solcher Antrag muss begründet werden, um den Inhalt und Umfang der erneuten Prüfung durch den Gemeinderat zu definieren.

 

Im Urnensystem darf es sich bei einem Rückweisungsantrag nicht um einen verdeckten, gemäss § 13 Abs. 2 GOG unzulässigen Ablehnungs- oder Nichteintretensantrag handeln, da die Stimmberechtigten ein Recht darauf haben, an der Urne über das Geschäft zu befinden. Der Begründungspflicht fällt hier deshalb grosse Bedeutung zu.

 

Antrag auf Verschiebung

Der Antrag auf Verschiebung bezweckt, die Beratung und Beschlussfassung auf einen anderen Zeitpunkt zu vertagen. Auch hier sind vor allem im Urnensystem stichhaltige Gründe für die Verschiebung anzugeben, um einen verdeckten Ablehnungs- oder Nichteintretensantrag zu verhindern.

 

Antrag auf Trennung eines Geschäfts

Der Antrag auf Trennung eines Geschäfts ist zulässig, wenn dadurch der Grundsatz der Einheit der Materie nicht verletzt wird, d.h. der abgetrennte Teil muss auch ohne den anderen ein sinnvolles Ganzes ergeben. 

Die Sachgesetzgebung kann die Zulässigkeit von Trennungsanträgen einschränken (§ 27 Abs. 1 PBG).

 

Antrag auf Einberufung einer neuen Versammlung

Mit dem Antrag auf Einberufung einer neuen Versammlung gemäss § 19 Bst. b GOG kann nicht nur ein bestimmtes Geschäft unterbrochen, sondern eine ganze Verhandlung vertagt werden, wenn beispielsweise die Versammlung zu lange dauert.

 

Antrag auf Beendigung der Diskussion

Der Gemeindepräsident als Versammlungsleiter darf einen Antrag auf Schluss der Diskussion (§ 27 Abs. 2 GOG) nur dann annehmen, wenn davon auszugehen ist, dass weitere Voten nicht mehr wesentlich zur Meinungsbildung beitragen können.

 

Antrag auf geheime Abstimmung

Es ist zu unterscheiden zwischen einem Antrag auf geheime Abstimmung an der Urne einerseits, welcher nur im Versammlungssystem möglich ist und zum Zweck hat, beispielsweise einen Verpflichtungskredit an die Urne zu bringen (§ 17 GOG), und dem Antrag auf geheime Abstimmung an der Versammlung selber andererseits. Siehe hierzu die Ausführungen unter Geheime Abstimmung.


4.4.2 Materielle Anträge

Erst nach Diskussion und Abstimmung von allfälligen formellen Anträgen (Link zu Formelle Anträge) werden materielle Anträge behandelt (§§ 28 und 29 GOG).

 

Antrag auf Eintreten/Nichteintreten

Im Versammlungssystem ist der Antrag auf Eintreten/Nichteintreten auf ein Geschäft ohne weiteres zulässig (§ 29 Abs. 1 GOG), nicht jedoch beim Urnensystem (§ 13 Abs. 2 GOG), da die Stimmberechtigen im Urnensystem Anspruch darauf haben, an der Urne über das Geschäft befinden zu können.

 

Antrag auf Annahme/Ablehnung

Der Antrag auf Annahme/Ablehnung eines Geschäfts ist im Versammlungssystem die Regel. Beim Urnensystem wiederum ist der Antrag auf Annahme/Ablehnung an der Versammlung nicht möglich (§ 29 Abs. 4 GOG), da die Stimmberechtigten Anspruch darauf haben, an der Urne zu entscheiden.

 

Antrag auf Abänderung

Abänderungsanträge sind nur dann statthaft, wenn die anbegehrte Änderung möglich und rechtlich zulässig ist. Letzteres wäre beispielsweise nicht gegeben, wenn die verlangte Änderung gar nicht in die Kompetenz der Gemeindeversammlung fallen würde.

Gemäss Huwyler, GOG, S. 108, muss „jeder Abänderungsantrag … einen engen Zusammenhang mit dem zur Beratung stehenden Geschäft haben. Neue und selbständige Anträge, die keine oder nurmehr eine lose Verbindung zur Vorlage aufweisen bzw. die eingeschlossen der finanziellen Auswirkungen mehr sind als eine blosse Ergänzung oder Abänderung der gemeinderätlichen Vorlage, dürften nicht gestellt werden. Dasselbe gilt, wenn sie das vom Gemeinderat gesteckte Ziel verfehlen.“

 

§ 13 Abs. 4 GOG spricht indessen eher dafür, dass der Gemeindepräsident im Zweifelsfall einen Abänderungsantrag zulässt, selbst wenn bei dessen Annahme die Vorlage des Gemeinderates ihren Zweck nicht mehr erfüllt und er ihn zurückziehen muss.

Wer einen neuen und selbständigen Antrag einbringen will, dem steht auf jeden Fall immer die Möglichkeit der Initiative offen oder er kann ihn unter Umständen mit einem Rückweisungs- oder Verschiebungsantrag verbinden.

 

Nicht zulässig sind indessen Abänderungsanträge gegenüber Zonen- und Erschliessungsplänen sowie den dazugehörigen Vorschriften (§ 27 Abs. 2 PBG), da diese bereits ein Auflage- und Einspracheverfahren durchlaufen haben. Ebenso ausgeschlossen sind Abänderungsanträge zu Pluralinitiativen (§ 11 Abs. 2 GOG) und unbegründete Gegenanträge zu Einbürgerungsgesuchen (§ 11 Abs. 3 Bürgerrechtsgesetz vom 20. April 2011, SRSZ 110.100). 

Sich gegenseitig ausschliessende Abänderungsanträge sind zuerst einander gegenüber zu stellen. Zudem wird in der Regel ein aus der Mitte gestellter Abänderungsantrag (erste Mehr) dem gemeinderätlichen Antrag gegenübergestellt (zweites Mehr). Der obsiegende Abänderungsantrag ist dann dem gemeinderätlichen Antrag entgegenzustellen (§ 29 Abs. 3 GOG). Nur der obsiegende Antrag unterliegt der Schlussabstimmung an der Urne oder im Handmehr (Versammlungssystem).

 

Antrag zu Voranschlag, Steuerfuss und Rechnung

(vgl. August Mächler, Das Antragrecht der Stimmberechtigten bei der Behandlung des Voranschlages in der Gemeindeversammlung, in: EGV-SZ 2002 S. 233 ff.)

 

Grundsätzlich sind alle formellen und materiellen Anträge zum Voranschlag zulässig. Rückweisungs- und Verschiebungsanträge haben sich grundsätzlich nur auf einzelne Positionen und nicht den Voranschlag als Ganzes zu beziehen. Umstritten ist, ob der Voranschlag als Ganzes zurückgewiesen werden darf, mit dem Auftrag an den Gemeinderat, den Ausgabenüberschuss auf einen bestimmten Betrag zu begrenzen, wie es der Kantonsrat mit dem Budget 2011 getan hat.

 

Gebundene und mittelbar gebundene Ausgaben dürfen nicht gestrichen werden, genau so wenig wie auf Einnahmen verzichtet werden darf. Die Anträge müssen rechtmässig sein und damit insbesondere die Grundsätze des Finanzhaushaltsgesetzes beachten sowie in die Kompetenz der Gemeindeversammlung fallen.

 

Auch hier gilt wieder, dass neue und selbständige Anträge grundsätzlich in Form einer Initiative einzubringen sind. Es ist umstritten, ob solche Anträge, welche die Höhe des konstitutiven Budgetbeschlusses nicht überschreiten, zugelassen werden sollen.

 

Liegt wegen angenommenen Rückweisungs- oder Verschiebungsanträgen oder wegen der Ablehnung eines Budgets zu Beginn des Kalenderjahres kein genehmigter Voranschlag vor, dürfen nur die für die Verwaltungstätigkeit unerlässlichen Ausgaben vorgenommen werden. Zudem gilt der letzte rechtskräftig festgesetzte Steuerfuss (§ 11 Abs. 2 FHG).  


4.4.3 Antrag auf geheime Abstimmung an der Versammlung

Merkblatt Geheime Wahlen und Abstimmungen

Vorbereitung einer geheimen Wahl oder Abstimmung

Anträge auf eine geheime Wahl oder Abstimmung müssen nicht vor der Gemeindeversammlung eingereicht oder angekündigt werden. Deshalb muss die Durchführung einer geheimen Wahl oder Abstimmung an jeder Gemeindeversammlung gewährleistet sein.

 

Die Gemeindeverwaltung hat sicher zu stellen, dass bei jeder Gemeindeversammlung geheime Wahlen und Abstimmungen durchgeführt werden können. Aufgrund der durchschnittlichen Anzahl von Teilnehmern an Gemeindeversammlungen muss in genügender Anzahl im Versammlungslokal oder in dessen Nähe vorhanden sein:

  • Schreibzeuge wie Bleistifte oder Kugelschreiber (ca. 100 Stck.)
  • Urnen oder Behältnisse, die als Urnen dienen können
  • Stimmzettel (verschiedene Farben, 50-er Beigen, durchnummeriert (1-50)
  • Hilfsprotokoll
  • Stimmregister

Zulässigkeit von geheimen Wahlen und Abstimmungen
  1. Für die Wahl der Stimmenzähler könnte an der Gemeindeversammlung geheime Wahl beantragt und beschlossen werden.
  2. Bei Sachgeschäften sind geheime Abstimmungen zulässig bei:
  • allen formellen Anträgen wie Rückweisung, Trennung oder Verschiebung eines Geschäfts (§ 28 Abs. 2 GOG),
  • allen materiellen (Abänderungs-)Anträgen zu:
    Voranschlag, Nachkrediten und Festsetzung des Steuerfusses,
    Reglementen (ausgenommen: Bau-, Schutz- und Erschliessungsreglemente, § 27 Abs. 2 PBG),
    Ausgabenbewilligungen und deren Erhöhung,
    übrigen Sachgeschäften.

Da im Urnensystem die Schlussabstimmung immer an der Urne erfolgt, kann darüber an der Gemeindeversammlung nicht (geheim) abgestimmt werden. 

 

Davon ausgenommen sind Voranschlag, Nachkredit und Steuerfuss, über die auf Antrag an der Versammlung geheim abgestimmt werden kann.

 

Achtung: Über die sog. Überweisung eines Sachgeschäfts an die Urne ist nach erfolgter Beratung nicht abzustimmen, auch geheim nicht.


Durchführung einer geheimen Wahl oder Abstimmung
  1. Keine Eingangskontrolle, aber separate Sitzplätze

    Eine Eingangskontrolle oder Kontrolle der Stimmberechtigung beim Eingang zum Versammlungslokal findet nicht generell statt. Da Gemeindeversammlungen öffentlich sind, hat der Versammlungsleiter zu Beginn darauf hinzuweisen, wo sich Nicht-Stimmberechtigte im Saal zu platzieren zu haben und dass sie nicht an Wahlen und Abstimmungen teilnehmen dürfen. Dieser Hinweis kann direkt vor Wahlen oder Abstimmungen wiederholt werden.

    Bei Anständen über die Stimmberechtigung entscheidet das Büro aufgrund des Stimmregisters (§ 25 Abs. 2 GOG).

  2. Wer ist antragsberechtigt?

    Der Antrag auf geheime Wahl oder Abstimmung kann von jedem Stimmberechtigten und vom Versammlungsleiter gestellt werden.

    Selbstverständlich kann ein Antrag auf geheime Abstimmung nur dann gestellt werden, wenn ein formeller oder materieller Antrag gestellt ist und die Gemeindeversammlung zuständig ist darüber zu beschliessen.

    Wer einen formellen oder materiellen Antrag stellt, kann gleichzeitig auch beantragen, dass darüber geheim abzustimmen ist. Es ist aber auch möglich, dass ein anderer Stimmberechtigter zu einem bereits gestellten Wahlvorschlag oder Antrag bloss den Antrag auf geheime Wahl oder Abstimmung stellt. Auch der Versammlungsleiter kann geheime Wahl oder Abstimmung beantragen.



  3. Zeitpunkt des Antrags
    Der Antrag auf geheime Wahl oder Abstimmung muss gestellt werden, bevor die eigentliche Wahl oder Abstimmung beginnt, weil der Abstimmungsvorgang im offenen Handmehr ein anderer ist als bei einer geheimen Abstimmung.

    Spätestens wenn der Versammlungsleiter den Abstimmungsvorgang erläutert, muss der Antrag auf geheime Wahl oder Abstimmung gestellt werden.

  4. Antrag gilt nur für betreffende Abstimmung

    Der Antrag auf geheime Abstimmung muss für jeden einzelnen formellen oder materiellen Antrag gestellt werden (§ 33 Abs. 1 GOG: …im Einzelfall…).

    Folgende generellen Anträge sind deshalb nicht zuzulassen:
    Alle Abstimmungen zu allen Traktanden einer Gemeindeversammlung seien geheim durchzuführen.
    Alle Abstimmungen zu einem einzelnen Traktandum (z.B. Beratung Voranschlag) seien geheim durchzuführen.

  5. Zeitpunkt der Abstimmung
    Die Abstimmung über eine geheime Wahl oder Abstimmung findet am Schluss der Beratungen statt und zwar bevor über die gestellten formellen und materiellen Anträge abgestimmt wird.

    (Ausnahme: Wird Schluss der Diskussion verlangt und darüber eine geheime Abstimmung verlangt, muss umgehend zur Abstimmung über die Frage geschritten werden, ob darüber geheim abzustimmen ist, und es ist dann auch umgehend über den Antrag selbst offen oder geheim abzustimmen.)  

  6. Abstimmung im offenen Handmehr
    Über den Antrag auf Durchführung einer geheimen Abstimmung ist immer im offenen Handmehr abzustimmen. Geheime Abstimmung oder Wahl ist beschlossen, wenn die Mehrheit der Stimmenden dies im offenen Handmehr beschliesst (§ 33 Abs. 1, § 30 Abs. 1 GOG).

  7. Erläuterung des Abstimmungsvorganges
    Ist geheime Abstimmung beschlossen worden, so hat der Versammlungsleiter vor dem Austeilen der Stimmzettel den Abstimmungsvorgang zu erläutern.

  8. Durchführung
    Die Stimmenzähler (§ 24 GOG) teilen in ihrem Sektor jedem Stimmberechtigten den für die Wahl oder die Abstimmung bestimmten amtlichen Stimmzettel aus. Auch der Gemeinderat und die Stimmenzähler erhalten einen Stimmzettel (§ 33 Abs. 2 GOG).

    Die Anzahl der insgesamt ausgeteilten Stimmzettel sowie Farbe ist für das Gemeindeversammlungsprotokoll festzuhalten (§ 34 GOG).

  9. Einsammlung der Stimmzettel

    Anschliessend werden die Stimmzettel durch die Stimmenzähler mittels Urnen eingesammelt oder die Stimmberechtigten haben diese in bereit gestellte Urnen zu werfen.

    Achtung: Es ist darauf zu achten, dass das Stimmgeheimnis gewahrt bleibt.

  10. Ermittlung des Resultats

    Die Ermittlung des Resultats durch das Büro (§ 24 Abs. 2 GOG: Versammlungsleiter, Gemeindeschreiber, Stimmenzähler) erfolgt in der Regel in einem vom Versammlungslokal getrennten Raum.

    Vorab wird die Zahl der eingegangenen Stimmzettel ermittelt. Ist die Zahl der eingegangenen Stimmzettel höher als die Zahl der ausgeteilten Stimmzettel, ist die Wahl oder Abstimmung durch den Versammlungsleiter als ungültig zu erklären. In diesem Fall ist kein Resultat zu ermitteln. Die Abstimmung ist zu wiederholen.

    Ist die Zahl der eingegangen Stimmzettel gleich oder kleiner als jene der ausgeteilten Wahl- oder Stimmzettel, so werden nur die gültigen Abstimmungszettel für die Ermittlung des Resultats gezählt. Ungültige Abstimmungszettel sind auszuscheiden (§ 1 Abs. 2 WAG).

    Das Resultat der Wahl oder Abstimmung wird dem Versammlungsleiter zur Bekanntgabe ausgehändigt. Das Resultat ist im Gemeindeversammlungsprotokoll festzuhalten (§ 34 GOG).

    Die Stimmzettel jeder Wahl oder Abstimmung sind bis zum Ablauf der Beschwerdefrist gegen die Beschlüsse der Gemeindeversammlung aufzubewahren.

  11. Absolutes Mehr erforderlich

    Bei Abstimmungen entscheidet die Mehrheit der Stimmenden (§ 30 GOG).

    (Bei Wahlen (Stimmenzähler) gilt folgendes: Werden zwei Kandidaten vorgeschlagen, so ist gewählt, wer die Mehrheit der gültig abgegebenen Stimmen auf sich vereinigt. Bei mehreren Kandidaten fällt bei jedem Wahlgang jener aus der Wahl, der am wenigsten Stimmen auf sich vereinigt.)


Geheime Abstimmung über Einbürgerungsgesuche
  1. Nur zulässig, wenn gültiger Gegenantrag vorliegt
    Bei Einbürgerungsgesuchen findet eine Abstimmung nur statt, wenn ein gültiger (vom Versammlungsleiter zugelassener) Gegenantrag vorliegt. Ohne gültigen Gegenantrag ist eine geheime Abstimmung nicht zulässig. Wird der Gegenantrag vom Versammlungsleiter als unzulässig erklärt, so entfällt selbstverständlich ein allfälliger Antrag auf geheime Abstimmung.

  2. Antrag muss bei jedem einzelnen Einbürgerungsgesuch gestellt werden
    Sind an einer Gemeindeversammlung mehrere Einbürgerungsgesuche traktandiert, so ist ein Antrag, es sei über alle Gesuche bzw. jedes einzelne Gesuch geheim abzustimmen, unzulässig und kann nicht entgegengenommen werden. Bei jedem einzelnen Gesuch muss ein Antrag auf geheime Abstimmung gestellt werden, sofern ein gültiger Gegenantrag vorliegt.

  3. Wer zu einem Einbürgerungsgesuch einen begründeten Gegenantrag stellt, kann diesen mit dem Antrag auf geheime Abstimmung verbinden. Es kann aber jeder andere Stimmberechtigte oder der Versammlungsleiter selbst zu einem gültigen Gegenantrag den Antrag auf geheime Abstimmung stellen.

  4. Zuerst ist über den Antrag auf geheime Abstimmung im offenen Handmehr abzustimmen.
    Lehnt die Mehrheit im offenen Handmehr die geheime Abstimmung ab, erfolgt darauf die Abstimmung über den Gegenantrag im offenen Handmehr.

    Stimmt die Mehrheit im offenen Handmehr dem Antrag auf geheime Abstimmung zu, so erfolgt darauf die geheime Abstimmung über das Einbürgerungsgesuch.

    (Der Versammlungsleiter hat die Abstimmungsfrage genau zu wiederholen:
    „Wer gemäss Traktandum X dem Gesuchssteller A das Gemeindebürgerrecht erteilen will, schreibe auf den Stimmzettel „JA“; wer das Gemeindebürgerrecht gemäss Antrag von Y. aus den vorgebrachten Gründen nicht erteilen will, schreibe „Nein“.)

 


4.5 Rechtsmittel

Beschwerde gegen Beschlüsse der Gemeindeversammlung sind innert zehn Tagen beim Verwaltungsgericht einzureichen (§ 94 GOG).

 

5. Wahlen und Abstimmungen an der Urne

5.1 Organisation

5.1.1 Anordnung

5.1.2 Stimmregister

5.1.3 Stimmrechtsausweis

5.1.4 Stimm- und Wahlmaterial

5.1.5 Wahl- und Abstimmungsbüro

5.2 Verfahren

5.2.1 Stimmabgabe

5.2.2 Ermittlung des Ergebnisses

Zeitpunkt der Auszählung

Gültigkeit der Stimmabgabe

Gültigkeit der Stimm- und Wahlzettel

Protokoll

5.3 Wahlen

5.3.1 Majorzwahlen

Grundsatz

Anmeldeverfahren

Wahlzettel

1. Wahlgang: Absolutes Mehr

2. Wahlgang: Relatives Mehr

Stille Wahl

Ersatzwahlen

5.3.2 Proporzwahl

5.3.3 Besonderheiten bei Gemeinde- und Bezirkswahlen

Erneuerungswahlen

Wählbarkeit

Ersatzwahlen

5.4 Rechtsmittel

 

Literatur/Quellen

Huwyler, GOG, S. 122 ff.


5.1 Organisation

5.1.1 Anordnung

Der Bundesrat legt die Termine und die Geschäfte für eidgenössische Abstimmungen sowie die Nationalratswahlen fest.

Der Regierungsrat ist für die Anordnung der kantonalen Abstimmungen und die Erneuerungswahlen sowie Ersatzwahlen in den Ständerat, den Kantonsrat und den Regierungsrat zuständig (§ 16 Abs. 1 WAG). Ebenso setzt er die Termine für die allgemeinen Erneuerungswahlen der von den Bezirken zu wählenden Mitglieder des Kantonsgerichtes sowie der Bezirks- und Gemeindebehörden fest (§ 17 Abs. 1 WAG).

 

Die Gemeindebehörde ordnet die kommunalen Abstimmungen sowie die Ersatzwahlen während der Amtsdauer an (§ 17 Abs. 2 WAG).


5.1.2 Stimmregister

Das Stimmregister enthält ein Verzeichnis aller Stimmberechtigten, welche an eidgenössischen, kantonalen und kommunalen Abstimmungen teilnahmeberechtigt sind. Die Auslandschweizer, welche nur auf Bundesebene und kantonaler Ebene stimmberechtigt sind (§ 6 Abs. 1 WAG), sind separat aufzuführen.

 

Das Stimmregister wird von den Gemeinden geführt. Es ist öffentlich (§ 10 WAG).

 

Vor einer Wahl oder Abstimmung sind Eintragungen bis zum fünften Vortag des Wahl- und Abstimmungstages vorzunehmen, wenn feststeht, dass die Voraussetzungen zur Teilnahme am Abstimmungstag erfüllt sind (§ 9 Abs. 2 WAG).

 

Weitere Informationen finden Sie unter Einwohnerwesen/Stimmregister.


5.1.3 Stimmrechtsausweis

Der Stimmrechtsausweis wird auf Grund des Stimmregisters erstellt. Die Angaben auf dem Ausweis müssen eine eindeutige Identifizierung des Stimmberechtigten ermöglichen.

 

Auf dem Stimmrechtsausweis ist auf die Urnenöffnungszeiten hinzuweisen.  Ebenso empfiehlt sich ein Hinweis auf die Erforderlichkeit der persönlichen Stimmabgabe sowie die Möglichkeit der brieflichen Stimmabgabe.


5.1.4 Stimm- und Wahlmaterial

Das Stimm- und Wahlmaterial umfasst das Rücksendekuvert, den Stimmrechtsausweis, das Stimmkuvert, die Stimm- und Wahlzettel sowie die eidgenössischen und kantonalen Abstimmungsvorlagen (Botschaften).

 

Der Stimm- oder Wahlzettel muss als solcher bezeichnet sein und das Datum sowie den Gegenstand der Abstimmung oder der Wahl nennen. Es empfiehlt sich, für verschiedene Ebenen (eidgenössisch, kantonal bzw. kommunal) verschiedene Papierfarben zu nehmen. Zudem gelten beim Zusammentreffen verschiedener Abstimmungen für die Stimmzettel besondere Vorschriften (§ 48 WAG)

Bei kommunalen Abstimmungen reicht es, wenn die Stimmberechtigten bereits mit der Einladung zur Gemeindeversammlung über die Abstimmungsvorlagen informiert werden. Die Information muss sachlich, objektiv und wahrheitsgetreu sein und darf den Stimmbürger nicht in unzulässiger Weise beeinflussen. Mit den Abstimmungsunterlagen können die Gemeinden eine Kurzinformation zustellen oder auf die Abstimmungsunterlagen (Botschaft an die Gemeindeversammlung) verweisen (§ 14 GOG).

 

Die Zustellung des Stimmmaterials durch die Gemeinden an die Stimmberechtigten muss so terminiert werden, dass die Stimmberechtigten frühestens vier und mindestens drei Wochen vor dem Abstimmungstag in dessen Besitz sind. Bei Wahlen ist das Wahlmaterial spätestens zehn Tage vor dem Wahltag zuzustellen (§ 20 WAG).

 

Fehlendes Stimm- und Wahlmaterial hat der Stimmberechtigte glaubhaft zu machen. Der Bezug eines Stimmrechtsausweis-Duplikates sowie von Stimm- und Wahlzetteln ist zu quittieren (§ 1 Abs. 3 WAV).


5.1.5 Wahl- und Abstimmungsbüro

Der Gemeinderat bestimmt zur Leitung und Überwachung der Wahlen und Abstimmungen ein Abstimmungs- und Wahlbüro. Der Gemeindepräsident sowie zwei weitere Mitglieder des Gemeinderates und der Gemeindeschreiber oder der Stimmregisterführerhaben zwingend Einsitz (§ 23 Abs. 3 WAG). Sie bilden gleichzeitig den Ausschuss. Das Wahl- und Abstimmungsbüro kann durch weitere Personen ergänzt werden (§ 23 Abs. 3 WAG).

 

In Zweifels- und Streitfällen entscheidet der Ausschuss durch Mehrheitsbeschluss (§ 31 WAG).


5.2 Verfahren

5.2.1 Stimmabgabe

Die persönliche Stimmabgabe erfolgt während den ordentlichen Urnenöffnungszeiten (mindestens eine Stunde von 10 bis 11 Uhr am Abstimmungssonntag, § 26 WAG).

 

Für Stimmberechtigte, welche ihre Stimme nicht selber abgeben können, handelt ein Mitglied des Wahlbüros nach ihren Weisungen (§ 28 Abs. 2 WAG).

 

Der grösste Teil der Stimmberechtigten macht von der Möglichkeit Gebrauch, ihr Stimmrecht brieflich auszuüben (§ 28 Abs. 1 WAG). Dabei muss der unterzeichnete Stimmrechtsausweis beigelegt und die Stimm- und Wahlzettel müssen zur Wahrung des Stimmgeheimnisses ins Stimmkuvert verpackt werden, andernfalls ist die Stimmabgabe ungültig (§ 30a Abs. 1 Bst. b und d WAG).


5.2.2 Ermittlung des Ergebnisses

Zeitpunkt der Auszählung

Mit der Auszählung darf erst am Abstimmungssonntag und nach Urnenschluss (11 Uhr) begonnen werden (§ 11 WAV). Die Briefstimmen können aber bereits vor Urnenschluss für die Auszählung vorbereitet werden (§ 30 WAG, § 8 WAV). Es sind auch weitere Vorbereitungsarbeiten wie Bereinigung und Sortierung der Wahl- und/oder Stimmzettel zulässig (§ 10 WAV).

Die Urnen werden nach Urnenschluss für die Auszählung geöffnet (§ 30 Abs. 2 WAG, § 9 WAV).

 

Alle Vorbereitungsarbeiten dürfen nur von einer Delegation des Wahl- und Abstimmungsbüros, die mindestens drei Personen umfassen muss, ausgeführt werden (§ 30 Abs. 1 WAG). Diese Delegation muss nicht mit dem Ausschuss (§ 23 Abs. 2 WAG) identisch sein, es müssen aber (gewählte) Mitglieder des Wahl- und Abstimmungsbüros sein.

 

Bei eidgenössischen Abstimmungen dürfen die Ergebnisse der einzelnen Gemeinden erst nach 12 Uhr des Abstimmungstages veröffentlicht werden (§ 11 Abs. 2 WAV; Art. 5 Abs. 4 der Verordnung über die politischen Rechte vom 24. Mai 1978, SR 161.11).

 

Gültigkeit der Stimmabgabe

Vorab wird die Gültigkeit der brieflichen Stimmabgabe und jener an der Urne geprüft.
Bei brieflicher Stimmabgabe sind Rücksendekuverts und ihr Inhalt ungültig (§ 30a WAG), wenn:
a)  im Rücksendekuvert der Stimmrechtsausweis nicht offen beiliegt;
b)  der Stimmrechtsausweis nicht unterschrieben ist;
c)  der Absender des Rücksendekuverts nicht identifiziert werden kann;
d)  die Wahl- oder Stimmzettel nicht im Stimmkuvert verpackt worden sind;
e)  sich im Rücksendekuvert mehr Stimmkuverts als unterschriebene Stimmrechtsausweise befinden.

Ebenfalls ungültig sind in die Urne gelegte ungestempelte Stimmkuverts.
In Zweifels- und Streitfällen entscheidet der Ausschuss des Wahl- und Abstimmungsbüros durch Mehrheitsbeschluss (§ 31 WAG).

 

Gültigkeit der Stimm- und Wahlzettel

Das Wahlbüro prüft sodann die Gültigkeit der Stimm- und Wahlzettel.

Folgende Stimmzettel sind ungültig (§ 49 WAG):
a)  Stimmzettel mit Kontrollzeichen;
b)  Stimmzettel, die unleserlich sind oder aus anderen Gründen nicht erkennen lassen, was der Stimmende will;
c)  Stimmzettel mit ehrverletzendem oder beleidigendem Inhalt;
d)  Stimmzettel, die mit Maschinenschrift ausgefüllt sind. 

Leere Stimmzettel sind ebenfalls ungültig (§ 49 Abs. 3 WAG). Befinden sich für die gleiche Abstimmung mehrere Stimmzettel im gleichen Stimmkuvert, sind alle ungültig (§ 49 Abs. 2 WAG).

 

Wahlzettel sind wie folgt ungültig (§ 37 WAG):
a)  Wahlzettel, die lediglich Namen nicht wählbarer Personen enthalten;
b)  Wahlzettel, die anders als handschriftlich ausgefüllt oder geändert sind;
c)  Wahlzettel, die ehrverletzende Äusserungen oder offensichtliche Kennzeichnungen enthalten;
d)  Wahlzettel, die unleserlich sind oder aus anderen Gründen nicht erkennen lassen, wen der Wähler wählen will;
e)   gedruckte oder sonst wie vervielfältigte Wahlzettel, die ohne Berücksichtigung handschriftlicher Zusätze mehr Namen enthalten, als Mandate zu besetzen sind. 

Befinden sich für dieselbe Wahl mehrere mit Namenangaben versehene Wahlzettel im gleichen Kuvert, so sind alle ungültig (§ 37 Abs. 3 WAG). Leere Wahlzettel zählen nicht zu den gültigen Wahlzetteln (§ 37 Abs. 4 WAG).

 

Bei Proporzwahlen sind überdies gedruckte oder sonst wie vervielfältigte Wahlzettel, die nicht mit einem amtlich veröffentlichten Wahlvorschlag übereinstimmen, ungültig (§ 37 Abs. 2 WAG).

 

Protokoll

Das Wahlbüro stellt die Abstimmungsergebnisse fest, üblicherweise in der Reihenfolge Bund, Kanton, Bezirk und Gemeinde. Das Protokoll (Auszug WABSTI) soll enthalten:
a)  Gegenstand, Ort und Zeit des Urnenganges;
b)  die Zahl der im Stimmregister eingetragenen Personen;
c)  die Zahl der ungültigen brieflichen Stimmabgaben und Stimmkuverts;
d)  die Zahl der gültigen, der ungültigen und der leeren Wahl- oder Stimmzettel, die Zahl der gültigen und der leeren Stimmen bei Wahlen sowie das Ergebnis der Wahl oder Abstimmung;
e)  die Unterschriften des Präsidenten und von mindestens einem weiteren Mitglied des Wahl- und Abstimmungsbüros.

Es empfiehlt sich, im Sinne einer Plausibilitätsprüfung auch die Zahl der eingereichten Stimmrechtsausweise zu prüfen.

Bei Stimmengleichheit gilt eine Abstimmungsvorlage als abgelehnt, da sie keine Mehrheit erlangt hat. Im Falle der Stimmengleichheit bei Wahlen, bei denen die Gemeinde den Wahlkreis bildet, hat der Gemeindepräsident das Los zu ziehen (§ 44 Abs. 2 Bst. c WAG).

Die Übermittlung des Protokolls erfolgt heute elektronisch via WABSTI. Das ausgedruckte und vom Präsidenten und mindestens einem weiteren Mitglied des Wahl- und Abstimmungsbüros unterzeichnete Protokoll (§ 32 Bst. e WAG) ist der Staatskanzlei spätestens am nächsten Tag zuzustellen (§ 34 Abs. 1 WAG). Ein Doppel ist im Gemeindearchiv aufzubewahren. Das restliche Wahl- und Abstimmungsmaterial kann nach der Erwahrung der Wahl oder Abstimmungen vernichtet werden (§ 35 Abs. 2 WAG). Bis zu diesem Zeitpunkt ist es verschlossen aufzubewahren (§ 34 Abs. 2 WAG), damit es im Falle einer Beschwerde oder einer Nachzählung verfügbar ist.

 

Nach der Feststellung der Wahl- und Abstimmungsergebnisse und nach unbenütztem Ablauf der Rechtsmittelfrist bzw. rechtskräftiger Erledigung eines allfälligen Rechtsmittels sind die Wahlen und Abstimmungen durch den Gemeinderat zu erwahren (§ 52a WAG). Dies erfolgt mittels eines einfachen Gemeinderatsbeschlusses.


5.3 Wahlen

5.3.1 Majorzwahlen

Grundsatz

Bei der Majorzwahl (Mehrheitswahl) ist gewählt, wer die höchste Stimmenzahl erreicht hat. Die Minderheit geht leer aus. Bei diesem Verfahren kann für dieselbe Person nicht mehr als eine Stimme abgegeben werden (§ 40 Abs. 2 WAG), d.h. eine Kumulation ist unzulässig.

 

Die Majorzwahl kommt zur Anwendung, wenn nicht die Proporzwahl (Verhältniswahl) zur Anwendung gelangt (§ 40 Abs. 1 WAG). Proporzwahlen sind die Wahlen in den Kantonsrat.

 

Anmeldeverfahren

Die für die Anordnung der Wahl zuständige Behörde hat eine Frist für die Einreichung der Wahlvorschläge und die zur Entgegennahme zuständige Stelle zu bezeichnen. Die zur Wahl vorgeschlagenen Personen müssen mit Name, Vorname, Jahrgang und Adresse genau bezeichnet werden. Wahlvorschläge dürfen nur Namen wählbarer Personen und höchstens so viele Namen enthalten, wie Sitze zu besetzen sind und jeder Wahlvorschlag muss eine Bezeichnung tragen, die ihn eindeutig von andern Wahlvorschlägen unterscheidet (§ 23a WAG).

 

Die Wahlvorschläge müssen von den vorgeschlagenen Personen sowie von fünf Stimmberechtigten je volles Tausend Einwohnerinnen und Einwohner des Wahlkreises, mindestens aber von fünf und höchstens 25 Stimmberechtigten, unterzeichnet sein (§ 23b WAG)

 

Wahlzettel

Es kann mit einem amtlichen Wahlzettel oder mit einem anderen Wahlzettel gültig gestimmt werden (§ 36 WAG). Zulässig sind damit auch sogenannte „wilde Listen“, solange die Ausführungsbestimmungen zu den Offenlegungspflichten (§ 45a KV: Transparenzregeln) nicht in Kraft sind.

 

1. Wahlgang: Absolutes Mehr

Im ersten Wahlgang gewählt ist, wer das absolute Mehr der gültigen Stimmen erhalten hat (leere Wahlzettel zählen nicht, § 37 Abs. 4 WAG). Zur Ermittlung des absoluten Mehr wird die Zahl der gültigen Stimmen durch die doppelte Anzahl der zu vergebenden Sitze geteilt. Die erste über diesem Teilungsergebnis liegende ganze Zahl ist das absolute Mehr (§ 41 WAG). Erreichen bei der Wahl einer Kollegialbehörde mehr Personen das absolute Mehr, als Sitze zu besetzen sind, so sind die Personen mit den höchsten Stimmenzahlen gewählt (§ 42 WAG).

 

2. Wahlgang: Relatives Mehr

Wird das absolute Mehr nicht erreicht, wird ein zweiter Wahlgang erforderlich, bei dem das relative Mehr massgebend ist, d.h. gewählt ist, wer am meisten Stimmen erhält (§ 43 WAG).

 

Im Falle der Stimmengleichheit entscheidet das Los (§ 44 WAG).

 

Stille Wahl

Bei einem erforderlich werdenden zweiten Wahlgang kann es zu einer stillen Wahl kommen, wenn nämlich bis zum Ablauf der Anmeldefrist nicht mehr Personen gültig zur Wahl vorgeschlagen wurden, als Sitze zu vergeben sind (§ 44a WAG).Die Erklärung, dass eine Person in stiller Wahl gewählt wurde, erfolgt durch einfachen Gemeinderatsbeschluss.

 

Ersatzwahlen

Beim Ausscheiden eines Amtsinhabers vor Ablauf seiner Amtsdauer darf eine Ersatzwahl nur für den Rest der laufenden Amtsdauer getroffen werden (§ 40 GOG).


5.3.2 Proporzwahl

Bei der Proporzwahl (Verhältniswahl) werden die Sitze im Verhältnis zu den erzielten Parteistimmen auf die Parteien verteilt. Innerhalb der Partei erhalten jene Kandidatinnen und Kandidaten die Sitze, welche am meisten Kandidatenstimmen erhalten haben.

Bei Proporzwahlen sind gedruckte oder sonst wie vervielfältigte Wahlzettel, die nicht mit einem amtlich veröffentlichten Wahlvorschlag übereinstimmen, ungültig (§ 37 Abs. 2 WAG). Das bedeutet, dass – anders als bei Majorzwahlen – gültig nur für Personen gestimmt werden kann, die im Anmeldeverfahren zur Wahl vorgeschlagen worden sind (§ 11 Abs. 2 Kantonsratswahlgesetz).

 

Kumulieren (zwei Stimmen für einen Kandidaten) und Panaschieren (Verteilen mehrerer Stimmen auf verschiedene Listen) ist bei der Verhältniswahl zulässig (§ 12 Abs. 2 und 3 KRWG).


5.3.3 Besonderheiten bei Gemeinde- und Bezirkswahlen

Erneuerungswahlen

Gemäss § 37 Abs. 2 GOG werden die Bezirks- und Gemeinderäte alle zwei Jahre je zur Hälfte erneuert.

Die folgenden Behördenmitglieder haben eine zweijährige Amtsdauer (§ 37 Abs. 3 GOG):

  • Bezirksammann
  • Bezirkssäckelmeister
  • Gemeindepräsident
  • Gemeindesäckelmeister

 

Die Amtsdauer aller übrigen Behördenmitglieder und der Schreiber beträgt grundsätzlich vier Jahre.

 

Wählbarkeit

Wählbar auf Stufe Bezirk und Gemeinde ist grundsätzlich, wer im Kanton stimmberechtigt ist (§ 38 Abs. 1 WAG).  Es gibt damit kein Wohnsitzerfordernis innerhalb des Bezirks bzw. der Gemeinde. Zu beachten sind die Unvereinbarkeitsbestimmungen (§ 38 Abs. 2 und 3 GOG und § 36 Abs. 1 JG). 

 

Ersatzwahlen

Wird ein Gemeinderatssitz während der Amtsdauer vakant (z.B. wegen Wegzug in einen andern Kanton, Tod oder vorzeitigem Rücktritt), ist er innert sechs Monaten neu zu besetzen (§ 40 Abs. 1 GOG). Liegen zwischen dem Eintritt der Vakanz und dem Termin der allgemeinen Erneuerungswahlen weniger als sechs Monate, kann von einer Ersatzwahl abgesehen werden (§ 40 Abs. 2 GOG) bzw. kann die Ersatzwahl im Rahmen der allgemeinen Erneuerungswahlen durchgeführt werden. Aus besonderen Gründen kann der Regierungsrat in seiner Eigenschaft als Aufsichtsbehörde von dieser Frist Ausnahmen gewähren.

 

Findet die Ersatzwahl für ein vorzeitig zurückgetretenes Mitglied des Gemeinderats im Rahmen der allgemeinen Erneuerungswahlen statt, kann es gleichzeitig eine Wahl von Mitgliedern des Gemeinderates auf vier und, im Sinne einer Ersatzwahl, auf zwei Jahre geben. In diesem Fall ist § 39 Abs. 3 GOG zu beachten. Auf dem Wahlvorschlag muss ersichtlich sein, ob der Kandidat sich für die vierjährige oder die zweijährige Amtsdauer zur Verfügung stellt. Für alle gilt aber das gleiche absolute Mehr. Die Gewählten erhalten dann jene Sitze, für die sie sich mit dem Wahlvorschlag zur Verfügung gestellt haben. Wilde Kandidaten, welche die Wahl geschafft haben, erhalten die übrig gebliebenen Sitze.


5.4 Rechtsmittel

Beschwerden gegen Wahlen und Abstimmungen sind innert zehn Tagen seit dem Wahl- und Abstimmungstag beim Verwaltungsgericht einzureichen (§ 94 GOG, § 53a Abs. 1 Bst. b und c sowie Abs. 2 WAG).

 

Legitimiert ist jede Person, die ein Interesse nachweistsowie der Gemeinderat selber (§ 93 GOG).

 

6. Initiative

6.1 Rechtsnatur

6.2 Inhalt

6.3 Anforderungen

6.5 Gegenvorschlag zur Initiative

 

Literatur/Quellen

  • Huwyler, GOG, S. 77 ff.


6.1 Rechtsnatur

Das Initiativrecht ist eines der wichtigsten politischen Rechte der Stimmbürger und insbesondere auf Gemeindeebene von wesentlicher Bedeutung. Es handelt sich um ein Vorschlagsrecht, das die Behörden zur Beratung einer bestimmten Sache verpflichtet.

 

So ist jeder Stimmberechtigte befugt, beim Bezirksrat oder Gemeinderat ein Initiativbegehren auf Erlass, Abänderung oder Aufhebung einer Verordnung oder eines Verwaltungsaktes einzureichen (§ 37 KV).


6.2 Inhalt

Die Initiative muss sich auf einen Gegenstand beziehen, der in die Zuständigkeit der Bezirksgemeinde oder der Gemeindeversammlung fällt (§ 37 Abs. 2 KV). Es muss sich also um eine Angelegenheit handeln, für welche die Gemeinde und nicht etwa der Kanton oder der Bund zuständig ist. Andererseits darf die Angelegenheit auch nicht in die alleinige Kompetenz des Gemeinderats oder einer anderen Behörde fallen (EGV-SZ 2018 B 7.1: Schliessung einer Schule fällt in die alleinige Zuständigkeit des Gemeinderates; VGE III 2018 168 vom 18. Dezember 2018: Verkehrsanordnungen sind Sache der Exekutive).


6.3 Anforderungen

6.3.1 Formelle Anforderungen

Schriftlichkeit

Initiativen sind dem Gemeinderat schriftlich einzureichen (§ 37 Abs. 3 KV, § 9 Abs. 1 GOG).

Für die Einzelinitiative genügt ein einzelner Stimmberechtigter, dessen Identifikation möglich und seine Berechtigung überprüfbar sein muss. Aus dem Gesetzestext geht nicht eindeutig hervor, ob beispielsweise auch eine Ortspartei (rechtlich: ein Verein) eine Initiative einreichen kann. Gemäss Huwyler, GOG, S. 77, ist dies zulässig, sofern mindestens eine unterzeichnende Person in der Gemeinde stimmberechtigt ist. Die Initiative gilt in diesem Fall als von dieser Person bzw. von diesen Personen eingereicht. Reicht eine grössere Zahl von Personen gemeinsam eine Initiative ein, empfiehlt es sich, ein Initiativkomitee zu benennen.

Wird eine Initiative von fünf Prozent der Stimmberechtigten, jedoch mindestens fünf und höchstens 300 Stimmberechtigten unterzeichnet, wird sie als Pluralinitiative bezeichnet. Selbst wenn das Quorum erreicht wird, kann die Initiative als Einzelinitiative deklariert werden. Die Initianten verzichten dann auf den Beschleunigungseffekt. Ohne genaue Bezeichnung ist von einer Pluralinitiative auszugehen, wenn das entsprechende Quorum an Unterschriften übertroffen wird.

 

Form

Anders als nach früherem Recht (vgl. § 73 Abs. 2 alt KV), lässt die geltende Verfassung Initiativen sowohl in Form der allgemeinen Anregung als auch des ausgearbeiteten Entwurfs zu und zwar unabhängig davon, ob sich die Initiative auf den Erlass, die Änderung oder die Aufhebung eines rechtsetzenden Erlasses oder eines Verwaltungsaktes bezieht (§ 37 Abs. 2 und 3 KV). Es können also sowohl Reglemente als auch einfache Beschlüsse wie Ausgabenbewilligungen Gegenstand einer Initiative sein. Die Initianten können z.B. den Inhalt eines Reglements anregen (allgemeine Anregung) oder ein selber ausformuliertes Reglement vorschlagen.

 

Klarheit

Das Begehren muss klar umschrieben sein. Unklare und widersprüchliche Begehren darf der Gemeinderat zur Überarbeitung zurückweisen.

 

Eine Begründung des Begehrens ist nicht zwingend erforderlich, aber empfehlenswert.

 

Einheit der Materie

Der Grundsatz der Einheit der Materie muss mit dem Begehren gewahrt sein (§ 10 Abs. 1 Bst. b GOG). Wenn die Initiative mehr als einen Gegenstand zum Inhalt hat, müssen diese eng voneinander abhängen oder einen gemeinsamen Zweck haben, der sie objektiv gesehen als eng zusammenhängend erscheinen lässt.

 

Keine Wiederholung

Falls das Initiativbegehren sich als Wiederholung eines innert zwei Jahren von der Gemeindeversammlung mit Sachentscheid behandelten Geschäftes darstellt, kann es der Gemeinderat als unzulässig erklären, falls sich seit dem letzten Entscheid der Gemeindeversammlung keine neuen Tatsachen ergeben haben, die eine erneute Behandlung rechtfertigen (§ 10 Abs. 2 GOG).


6.3.2 Materielle Anforderungen

Kein Widerspruch zu übergeordnetem Recht

Die Initiative darf Bundes- oder kantonalem Recht nicht widersprechen (§ 10 Abs. 1 Bst. c GOG). Auch die Gemeindeordnung ist einzuhalten, sofern sie nicht selber Gegenstand der Initiative ist.

 

Kein unmöglicher Inhalt

Die Initiative muss realisierbar sein (§ 10 Abs. 1 Bst. d GOG). Bei der Beurteilung, ob ein Initiativgegenstand tatsächlich möglich ist, empfiehlt es sich jedoch, dem Grundsatz „in dubio pro populo“ (im Zweifel zugunsten der Volksrechte) zu folgen und die Initiative nur bei offensichtlicher Unrealisierbarkeit nicht zuzulassen.


6.4 Behandlung von Initiativen

Der Gemeinderat prüft neben der Berechtigung des/der Initianten, ob die formellen und materiellen Anforderungen an eine Initiative erfüllt sind. Ist dies nicht der Fall, hat er die Initiative als ungültig zu erklären (§ 10 Abs. 1 GOG). Einen Ermessensspielraum hat er nur beim Tatbestand der Wiederholung gemäss § 10 Abs. 2 GOG.

 

Der Entscheid über die Gültigkeit der Initiative ist dem/den Initianten innert drei Monaten seit Einreichung mitzuteilen und zusammen mit dem Initiativtext zu publizieren. Der Entscheid kann innert zehn Tagen mit Beschwerde beim Verwaltungsgericht angefochten werden (§ 10 Abs. 3 GOG).

 

Erachtet der Gemeinderat eine Einzelinitiative als zulässig, hat er diese innert eines Jahres und eine Pluralinitiative innert sechs Monaten nach der Gültigerklärung der Gemeindeversammlung vorzulegen (§ 11 Abs. 1 GOG). Dabei hat er in einem Bericht zuhanden der Stimmberechtigten zu erklären, ob und warum er das Anliegen unterstützt oder ablehnt. Entsprechend hat er auch Antrag zu stellen (§§ 11 Abs. 1 und 21 GOG). Die wesentlichen Argumente der Initianten sind ebenfalls darzustellen (§ 20 Abs. 2 GOG).

 

Bei der Behandlung (Vorberatung) der Initiative an der Gemeindeversammlung ist zu beachten, dass der Kern der Initiative unangetastet bleiben muss. So sind bei Pluralinitiativen Abänderungsanträge ausgeschlossen (§ 11 Abs. 2 GOG). Bei Einzelinitiativen sind Anträge der Stimmbürger nur eingeschränkt zulässig. So sind Änderungsvorschläge nur möglich, wenn sie in einem engen sachlichen Zusammenhang mit der Initiative und ihren Zielsetzungen stehen. Formelle Anträge sind nur zulässig, wenn sie nicht auf eine Verschleppung oder Ablehnung der Initiative hinauslaufen. Zulässig ist indessen der Antrag auf Rückweisung verbunden mit dem Auftrag an den Gemeinderat, einen Gegenvorschlag auszuarbeiten (§ 11 Abs. 1 a.E. GOG).

 

Wird die Initiative abgelehnt, ist sie endgültig erledigt. Wird sie angenommen, ist zu differenzieren, ob sie in Form eines ausgearbeiteten Entwurfes oder in Form einer allgemeinen Anregung vorliegt. Bei einem ausgearbeiteten Entwurf ist ihr Gegenstand sofort zu vollziehen. Liegt sie aber in Form einer allgemeinen Anregung vor, ist der entsprechende Verordnungstext (bei einer Rechtsetzungsinitiative) oder das entsprechende Projekt (bei einer Verwaltungsinitiative) innert Jahresfrist auszuarbeiten und den Stimmbürgern erneut zur Beratung und zur Beschlussfassung vorzulegen.


6.5 Gegenvorschlag zur Initiative

Der Gemeinderat hat die Möglichkeit, einen Gegenvorschlag zur Initiative auszuarbeiten (§ 11 Abs. 1 GOG). Der Gegenvorschlag muss sich mit demselben Gegenstand wie die Initiative befassen, kann aber durchaus andere Mittel oder sogar andere Zielsetzungen verfolgen. In seinem Bericht an die Stimmberechtigten hat der Gemeinderat den Gegenvorschlag zu erläutern und dabei die Vor- und Nachteile der Initiative gegenüber seinem Vorschlag abzuwägen.  

In der Schlussabstimmung sind im Versammlungssystem die Initiative und der Gegenvorschlag einander gegenüber zu stellen. Der obsiegende Antrag ist der Schlussabstimmung im Versammlungssystem zu unterstellen. Es kann sein, dass in der ersten Abstimmung der Gegenvorschlag gegenüber der Initiative obsiegt, aber in der Schlussabstimmung der Gegenvorschlag abgelehnt wird. 

Im Urnensystem erfolgt die Schlussabstimmung an der Urne. Es wird zwar bei einer Einzelinitiative an der beratenden Gemeindeversammlung entscheiden, ob die Einzelinitiative oder der Gegenvorschlag an die Urne überwiesen werden soll. Die Schlussabstimmung findet dann aber an der Urne statt. Entgegen dem früheren Recht kann im Urnensystem über Pluralinitiative und Gegenvorschlag gleichzeitig an der Urne abgestimmt werden (§ 12 Abs. 1 Bst. i GOG und § 47 WAG). Dies ist eine Ausnahme vom Verbot der Überweisung von Doppelanträgen gemäss § 13 Abs. 3 GOG. Der Entscheid über Pluralinitiative und Gegenvorschlag erfolgt an der Urne und zwar nach dem Verfahren des doppelten Ja mit Stichfrage (analog zu § 32 Abs. 3 KV sowie §§ 46a und 47 GOG.

 

7. Verwaltungsverfahren

7.1 Verfahrensgrundsätze

7.1.1. Legalitätsprinzip (Gesetzmässigkeit der Verwaltung)

7.1.2. Rechtsgleichheit

7.1.3. Willkürverbot

7.1.4. Öffentliches Interesse

7.1.5. Verhältnismässigkeit

7.1.6. Treu und Glauben

7.2 Verwaltungsakt

7.2.1 Begriff der Verfügung

7.2.2 Inhalt und Form der Verfügung

7.2.3 Nebenbestimmungen von Verfügungen

7.2.4 Verfahren auf Erlass einer Verfügung

7.2.5 Fehlerhaftigkeit der Verfügung

7.2.6 Rechtskraft

7.2.7 Vollstreckung

7.2.8 Verwaltungsrechtlicher Vertrag

7.3 Verwaltungsinterne Verwaltungsrechtspflege

7.3.1 Einsprache

7.3.2 Verwaltungsbeschwerde

Zulässigkeit

Beschwerdeinstanzen

Beschwerdegründe

Beschwerdefrist

7.3.3 Aufsichtsbeschwerde/-anzeige

7.3.4 Wiedererwägungsgesuch

7.3.5 Revision

7.4 Verwaltungsgerichtsbarkeit

7.4.1 Gegenstand der Verwaltungsgerichtsbeschwerde

7.4.2 Beschwerdegründe

7.4.3 Beschwerdefrist

7.5 Verwaltungsgerichtliche Klage

 

Literatur/Quellen

Ulrich Häfelin/Georg Müller/Felix Uhlmann, Allgemeines Verwaltungsrecht, 7. Auflage, Zürich/St. Gallen 2016,

 


7.1 Verfahrensgrundsätze

7.1.1 Legalitätsprinzip (Gesetzmässigkeit der Verwaltung)

Der Grundsatz der Rechtmässigkeit der Verwaltung besagt, dass die Verwaltung bei all ihrem Handeln an das Recht gebunden ist (§ 3 KV). So darf die Verwaltung bei ihrer Tätigkeit einerseits nicht gegen das Gesetz verstossen. Dabei ist zu beachten, dass kein Rechtssatz einem ranghöheren Rechtssatz widersprechen darf.

Andererseits besagt das Gesetzmässigkeitsprinzip, dass sich alles Verwaltungshandeln auf einen Rechtssatz zurückführen lassen muss. So bedürfen insbesondere die Eingriffe der Verwaltung in die Rechte des Bürgers bzw. alle ihm auferlegten Pflichten einer gesetzlichen Grundlage. Dabei muss die Verwaltung die im Gesetz vorgesehenen Beschränkungen von Rechten des Bürgers bzw. die ihm auferlegten Pflichten von Amtes wegen und gegenüber allen durchsetzen. Aber auch die Befreiung von Pflichten oder das Erbringen von Leistungen gegenüber dem Bürger muss in einem Rechtssatz vorgesehen sein.


7.1.2 Rechtsgleichheit

Art. 8 BV hält fest, dass alle Menschen vor dem Gesetze gleich sind. Dieses Rechtsgleichheitsgebot gilt im Bereich des Verwaltungsrechts sowohl für den Erlass verwaltungsrechtlicher Normen wie auch für deren Anwendung im Einzelfall durch Verwaltungsbehörden und Gerichte.

Der Anspruch auf Gleichbehandlung verlangt, dass Rechte und Pflichten des Betroffenen nach dem gleichen Massstab festzusetzen sind. „Gleiches ist nach Massgabe seiner Gleichheit gleich, Ungleiches nach Massgabe seiner Ungleichheit ungleich zu behandeln“ (vgl. z.B. BGE 135 V 361,369 f.).

Bei der Rechtsanwendung besteht oft ein gewisser Ermessensspielraum. Eine Behörde verletzt bei der Ausübung ihres Ermessens dann den Gleichheitssatz, wenn sie zwei tatsächlich gleiche Situationen ohne sachlichen Grund unterschiedlich beurteilt. Dabei darf sie durchaus eine bestehende Praxis ändern, wenn ernsthafte und sachliche Gründe hierfür sprechen und die Änderung grundsätzlich erfolgt.


7.1.3 Willkürverbot

Willkür (vgl. Art. 9 BV) bei der Rechtsanwendung liegt dann vor, wenn ein Entscheid nicht nur unrichtig, sondern schlicht unhaltbar ist. Willkür bei der Rechtssetzung ist gegeben, wenn eine Vorschrift sich nicht auf ernsthafte sachliche Gründe stützen kann oder sinn- und zwecklos ist.


7.1.4 Öffentliches Interesse

Das öffentliche Interesse ist die allgemeine Voraussetzung für jede staatliche Tätigkeit (siehe auch Art. 5 Abs. 2 BV, § 3 Abs. 2 KV). Alle Verwaltungsmassnahmen, insbesondere Eingriffe in die Rechte des Bürgers, müssen daher im öffentlichen Interesse liegen.

Öffentliche Interessen können materieller oder ideeller Natur sein. So gibt es polizeiliche Interessen, die den Schutz der öffentlichen Ordnung und Sicherheit etc. zum Ziel haben. Aber auch planerische Interessen, soziale und sozialpolitische oder sogar fiskalische Interessen zählen dazu.

Bei entgegenstehenden privaten oder öffentlichen Interessen ist eine Abwägung im Einzelfall vorzunehmen.


7.1.5 Verhältnismässigkeit

Der Grundsatz der Verhältnismässigkeit (vgl. Art. 5 Abs. 2 BV, § 3 Abs. 2 KV) besagt, dass die Verwaltungsmassnahme zur Verwirklichung des im öffentlichen Interesse liegenden Zieles geeignet, also zwecktauglich sein muss. Sie darf nur soweit gehen, als dies zur Erreichung des Zweckes notwendig ist, also keine mildere Massnahme greifen würde. Ausserdem muss der angestrebte Zweck in einem vernünftigen Verhältnis zu den Belastungen stehen, die dem Privaten auferlegt werden, d.h. die Massnahme muss durch ein das private Interesse des Betroffenen überwiegendes öffentliches Interesse gerechtfertigt sein.


7.1.6 Treu und Glauben

Der Grundsatz des Vertrauensschutzes als Ausfluss des Grundsatzes von Treu und Glauben (vgl. Art. 5 Abs. 3 und Art. 9 BV, § 3 Abs. 2 KV) besagt, dass die Privaten Anspruch darauf haben, in ihrem berechtigten Vertrauen in behördliche Zusicherungen oder in anderes, bestimmte Erwartungen begründendes Verhalten der Behörden geschützt zu werden. Dies jedoch nur insoweit, als sie im Vertrauen beispielsweise auf eine falsche Auskunft der zuständigen Behörde Handlungen vorgenommen haben, die nicht oder nur mit Nachteilen rückgängig gemacht werden können.

Als Verbot widersprüchlichen Verhaltens und als Verbot des Rechtsmissbrauches verbietet der Grundsatz von Treu und Glauben sowohl den Behörden wie auch den Privaten, sich in ihren öffentlich-rechtlichen Rechtsbeziehungen widersprüchlich oder rechtsmissbräuchlich zu verhalten.


7.2 Verwaltungsakt

Grundsätzlich wird unterschieden zwischen rechtlichem Verwaltungshandeln und tatsächlichem Verwaltungshandeln.

Rechtliches Verwaltungshandeln zielt darauf ab, ein bestimmtes Rechtsverhältnis zu begründen, zu ändern oder aufzuheben, zieht also unmittelbare Rechtswirkung nach sich. Die wichtigsten Rechtsformen sind die Verfügung, eine einseitige Anordnung der Verwaltungsbehörde, und der verwaltungsrechtliche Vertrag, der auf der Willensübereinstimmung der Parteien beruht.

Das tatsächliche Verwaltungshandeln, der so genannte Realakt, schafft Fakten, zieht aber keine unmittelbare Rechtswirkung nach sich. Hierzu gehören auch Auskünfte, amtliche Berichte, Vernehmlassungen sowie Vollzugshandlungen.

Die zur Regelung von Verwaltungsrechtsverhältnissen wichtigste Handlungsform ist die Verfügung, weshalb sie im Folgenden näher umschrieben wird.


7.2.1 Begriff der Verfügung

Die Verfügung ist ein individueller, an den Einzelnen gerichteter Hoheitsakt, durch den eine konkrete verwaltungsrechtliche Rechtsbeziehung rechtsgestaltend oder feststellend in verbindlicher und erzwingbarer Weise geregelt wird (vgl. § 6 VRP).

Die Verfügung ist eine hoheitliche, einseitige Anordnung einer sachlich, örtlich und funktionell zuständigen Behörde. Sie wird damit, im Gegensatz zum verwaltungsrechtlichen Vertrag, auch ohne Einverständnis des Betroffenen rechtswirksam.

In der Praxis wird häufig der Begriff Beschluss verwendet, wenn eine Verfügung von einer Kollegialbehörde ausgeht (z.B. Gemeinderatsbeschluss), und wird im Unterschied dazu von einer Verfügung dann gesprochen, wenn die Anordnung von einer Einzelperson oder einem Amt erlassen wird (z.B. Präsidialverfügung).

Die Anordnung kann sich sowohl auf ein Tun, Dulden oder Unterlassen beziehen.

Die Rechtsanwendung erfolgt individuell, d.h. auf einen bestimmten Adressatenkreis bezogen, und konkret, d.h. auf einen bestimmten Sachverhalt bezogen. Dies im Unterschied zum Erlass von Gesetzen, die generell und abstrakt sind.

Die Verfügung ist auf Rechtswirksamkeit ausgerichtet. Mit der Verfügung werden in einem konkreten Fall Rechte und Pflichten eines bestimmten Privaten begründet, geändert oder aufgehoben (Ausnahme: die reine Feststellungsverfügung). Sie ist verbindlich und erzwingbar und kann ohne weitere Konkretisierung vollstreckt werden.


7.2.2 Inhalt und Form der Verfügung

Eine Verfügung muss bestimmte Anforderungen an den Inhalt und die Form erfüllen (vgl. § 31 VRP). So hat sie schriftlich zu erfolgen und ist als Verfügung/Beschluss zu bezeichnen.

Weiter hat sie Folgendes zu enthalten:

  • Erlassende Behörde/Stelle/Person
  • Verfügungsadressaten
  • Rechtserheblicher Sachverhalt
  • Erwägungen (Begründung) mit Schlussfolgerung
  • Ausformulierter Beschluss mit der Anordnung (Dispositiv)
  • Allfällige Nebenbestimmungen (Auflagen, Bedingungen, Befristungen)
  • Kostenregelung
  • Rechtsmittel
  • Datum der Beschlussfassung und des Versands
  • Unterschrift

7.2.3 Nebenbestimmungen von Verfügungen

Nebenbestimmungen ermöglichen, die durch eine Verfügung begründeten verwaltungsrechtlichen Pflichten und Rechte entsprechend den konkreten Umständen auszuformulieren. Zu unterscheiden ist zwischen Auflage, Bedingung und Befristung.

Eine Auflage ist die mit einer Verfügung verbundene zusätzliche Verpflichtung zu einem Tun, Dulden oder Unterlassen. Die Auflage ist, im Gegensatz zur Bedingung, selbständig erzwingbar.

Eine Bedingung liegt vor, wenn die Rechtswirksamkeit einer Verfügung von einem künftigen ungewissen Ereignis abhängig gemacht wird.

Unter der Befristung einer Verfügung versteht man die zeitliche Begrenzung ihrer Geltung oder Rechtswirksamkeit.


7.2.4 Verfahren auf Erlass einer Verfügung

Das Verfahren auf Erlass einer Verfügung ist in §§ 17 ff. VRP geregelt.

Das Verwaltungsverfahren wird von Amtes wegen oder auf Gesuch hin eingeleitet.

Die Behörde stellt den Sachverhalt von Amtes wegen fest (Untersuchungsgrundsatz). Beweismittel sind Urkunden, Auskünfte von Parteien oder Drittpersonen, Augenschein, Gutachten von Sachverständigen etc. Die Parteien haben eine Mitwirkungspflicht.

Den Betroffenen ist vor Erlass einer Verfügung, welche ganz oder teilweise zu ihren Ungunsten ausfällt, das rechtliche Gehör zu gewähren. Hierzu gehört auch das Recht auf Akteneinsicht, sofern nicht überwiegende private oder öffentliche Interesse dem entgegenstehen.

 

Die Behörde würdigt die Vorbringen der Parteien nach pflichtgemässem Ermessen, wendet das Recht jedoch von Amtes wegen an, d.h. sie subsumiert den Sachverhalt unter die massgeblichen Rechtsnormen und bestimmt die daraus sich ergebenden Rechtsfolgen.

 


7.2.5 Fehlerhaftigkeit der Verfügung

Fehlerhaft ist eine Verfügung, wenn sie inhaltlich rechtswidrig ist oder in Bezug auf ihr Zustandekommen (Zuständigkeit, Form oder Verfahren) Rechtsnormen verletzt.

Es wird unterschieden zwischen Anfechtbarkeit einer Verfügung und Nichtigkeit einer Verfügung.

In der Regel bewirkt die Fehlerhaftigkeit einer Verfügung nur deren Anfechtbarkeit. Die Anfechtbarkeit bedeutet, dass die fehlerhafte Verfügung an sich gültig ist, aber von den Betroffenen während einer bestimmten Frist mit einem Rechtsmittel angefochten werden kann. Sie verliert ihre Gültigkeit erst, wenn sie durch Rechtsmittelentscheid aufgehoben oder abgeändert wird.

Nichtigkeit hingegen bedeutet absolute Unwirksamkeit einer Verfügung. Sie entfaltet von Beginn weg keinerlei Rechtswirkung. Die Nichtigkeit ist von Amtes wegen zu beachten und kann von jedermann (nicht nur dem Verfügungsadressaten) jederzeit (auch noch im Vollstreckungsverfahren) geltend gemacht werden.

Nichtig ist ein Entscheid nur ausnahmsweise, wenn der Mangel besonders schwer und offensichtlich oder leicht erkennbar ist und die Nichtigkeit die Rechtssicherheit nicht ernsthaft gefährdet (Abwägung zwischen dem Interesse an der Rechtssicherheit und dem Interesse an der richtigen Rechtsanwendung), so bei sachlicher und funktioneller Unzuständigkeit der anordnenden Behörde oder schwerwiegenden Form- und Eröffnungsfehlern.


7.2.6 Rechtskraft

Eine Verfügung ist formell rechtskräftig, wenn sie von den Betroffenen nicht mehr mit einem ordentlichen Rechtsmittel angefochten werden kann.

 

Die formelle Rechtskraft tritt ein,

  • wenn die zur Anfechtung legitimierte Person ausdrücklich auf die Ergreifung des Rechtsmittels verzichtet;
  • wenn die Rechtsmittelfrist unbenutzt abgelaufen ist;
  • wenn gar kein ordentliches Rechtsmittel erhoben werden kann bzw. wenn die letzte Instanz entschieden hat.

Die materielle Rechtskraft bedeutet Unabänderlichkeit bzw. Unwiderrufbarkeit der Verfügung auch seitens der Verwaltungsbehörde. Die materielle Rechtskraft setzt die formelle Rechtskraft voraus.

Verwaltungsentscheide erwachsen, anders als im Zivil- oder Strafrecht, allerdings nur selten in materielle Rechtskraft. Eine Änderung der Verfügung durch die Verwaltungsbehörde, die sie erlassen hat, ist grundsätzlich sowohl vor als auch nach Eintritt der formellen Rechtskraft möglich. Nach Eintritt der formellen Rechtskraft sind die Voraussetzungen für eine Neubeurteilung allerdings strenger (vgl. § 34 VPR, Widerruf), insbesondere wenn sie zu Lasten des Betroffenen erfolgt. Ein solcher Fall kann allenfalls zur Schadenersatzpflicht des Gemeinwesens führen.


7.2.7 Vollstreckung

Die Verfügung ist vollstreckbar, wenn sie mit einem Rechtsmittel nicht mehr angefochten werden kann, d.h. formell rechtskräftig ist, oder dem Rechtsmittel keine aufschiebende Wirkung zukommt (vgl. § 76 VPR).

Geldleistungen werden nach den Vorschriften des Bundesgesetzes über Schuldbetreibungs- und Konkurs (SchKG) vollstreckt. Möglich ist bei öffentlich-rechtlichen Geldforderungen die Betreibung auf Pfändung oder Pfandverwertung, nicht aber auf Konkurs.

Bei einer Leistung, die nicht in einer Geldschuld besteht, kann Ersatzvornahme durch die verfügende Behörde oder durch einen Dritten unter Kostenfolgen des Pflichtigen angeordnet werden. Die Ersatzvornahme muss vorgängig unter Einräumung einer angemessenen Frist angedroht werden, falls nicht sofortiges Handeln zur Abwehr von Schäden oder Gefahren unumgänglich ist (§ 79 Abs. 1 VRP).

Um eine gesetzliche Pflicht oder eine Verfügung durchzusetzen, kann u.U. auch unmittelbarer Zwang, also eine direkte Einwirkung gegen Personen oder Sachen (§ 78 Abs. 1 Bst. c VRP) erforderlich sein (z.B. Schliessung eines Gastgewerbebetriebes). Hier ist insbesondere zu prüfen, ob nicht ein milderes Mittel zur Verfügung steht (Prinzip der Verhältnismässigkeit, vgl. auch § 78 Abs. 4 VPR).

Eine weitere Vollstreckungsmassnahme ist die Ordnungsbusse von maximal Fr. 500.-- für jeden Tag bis zur Erfüllung (§ 78 Abs. 1 Bst. d und § 79 VPR).

Enthält ein Gesetz keine Strafbestimmung, so kann eine Bestrafung wegen Art. 292 StGB angedroht werden (Bestrafung wegen Ungehorsams). Zuständig zur Bestrafung wegen Art. 292 StGB ist nicht die verfügende Behörde, sondern der Strafrichter. 


7.2.8 Verwaltungsrechtlicher Vertrag

Der verwaltungsrechtliche Vertrag ist eine Vereinbarung zwischen zwei oder mehreren Parteien, die auf einer übereinstimmenden Willenserklärung beruht und die Regelung eines konkreten Verwaltungsrechtsverhältnisses zum Gegenstand hat.

Im Gegensatz zur Verfügung als einseitige hoheitliche Anordnung stehen sich beim verwaltungsrechtlichen Vertrag zwei oder mehr Parteien als gleichberechtigte Partner gegenüber, die den Inhalt des Vertrages einvernehmlich regeln.

Zum privatrechtlichen Vertrag grenzt sich der verwaltungsrechtliche Vertrag insofern ab, als der Zweck des Vertrages in einem direkten, unmittelbaren Zusammenhang mit der Erfüllung einer öffentlichen Aufgabe steht und sich der Vertragsgegenstand auf Fragen bezieht, die üblicherweise im Verwaltungsrecht geregelt werden.

 

Verwaltungsrechtliche Verträge sind insbesondere:

  • Verträge zwischen Verwaltungsträgern über die (gemeinsame) Erfüllung öffentlicher Aufgaben;
  • Verträge, mit welchen Privaten zur Erfüllung von Verwaltungsaufgaben bzw. von Aufgaben im öffentlichen Interesse verpflichtet werden (Leistungsverträge etc.);
  • Subventionsrechtliche Verträge, welche die Höhe und Modalitäten von Staatsbeiträgen sowie die Rechte und Pflichten der Subventionsempfänger regeln;
  • Verträge, mit welchen das Gemeinwesen ein ihm zustehendes Exklusivrecht an Private überträgt (Monopol-Konzession, Sondernutzung von öffentlichem Grund etc.);
  • Verträge zur Konkretisierung von gesetzlichen verwaltungsrechtlichen Rechten und Pflichten (Bewirtschaftungsbeiträge etc.);
  • Verträge zur unmittelbaren Erfüllung von Verwaltungsaufgaben (z.B. Erschliessungsverträge).

 

Zulässig ist ein verwaltungsrechtlicher Vertrag immer dann, wenn der das betreffende Rechtsgebiet regelnde Erlass die Vertragsform nicht ausdrücklich ausschliesst (ausdrückliche oder stillschweigende gesetzliche Ermächtigung). Zudem müssen sachliche Gründe für die Vertragsform sprechen, insbesondere wenn ein erheblicher Handlungsspielraum besteht, der nach Sinn und Zweck des Gesetzes einvernehmlich ausgestaltet werden soll.

 

Der Inhalt von verwaltungsrechtlichen Verträgen muss rechtmässig und im öffentlichen Interesse sein.

Verwaltungsrechtliche Verträge bedürfen zu ihrer Gültigkeit der schriftlichen Form. Bei der Zuständigkeit zum Vertragsabschluss sind die finanziellen Auswirkungen und die damit verbundenen Ausgabenbefugnisse zu beachten.

Bei Streitigkeiten aus einem verwaltungsrechtlichen Vertrag kann jede Partei ihre Ansprüche mittels verwaltungsgerichtlicher Klage geltend machen (§ 67 VPR).


7.3 Verwaltungsinterne Verwaltungsrechtspflege

„Die verwaltungsinterne Verwaltungsrechtspflege ist das Verfahren, in dem eine Verwaltungsbehörde über die Erledigung einer verwaltungsrechtlichen Streitigkeit entscheidet. Die entscheidende Behörde ist Teil der hierarchisch aufgebauten Verwaltungsorganisation“ (Ulrich Häfelin/Georg Müller/Felix Uhlmann, Allgemeines Verwaltungsrecht, 7. Auflage, Zürich/St. Gallen 2016, S. 401 RZ 1735).


7.3.1 Einsprache

Die Einsprache ist ein förmlicher Rechtsbehelf, mit dem der Einsprecher Einwendungen erheben kann (§ 64 VRP) 

 

  • gegen den Entwurf eines Rechtssetzungserlasses oder gegen die Vorlage von Planungsmassnahmen;
  • gegen einen von der Verwaltungsbehörde zu treffenden Verwaltungsakt;
  • gegen eine erlassene Verfügung zum Zwecke der Wiederprüfung.

 

Das Einspracheverfahren ermöglicht eine Abklärung komplexer tatsächlicher oder rechtlicher Verhältnisse und eine umfassende Abwägung der verschiedenen von einer Verfügung berührten Interessen.

 

Die Einsprache muss im betreffenden Erlass als Rechtsbehelf vorgesehen sein (§ 64 VRP).

 

Zur Einsprache ist befugt, wer ein eigenes, unmittelbares und schützenswertes Interesse dartut (§ 66 VRP mit Hinweis auf § 37 VRP).


7.3.2 Verwaltungsbeschwerde

Die Verwaltungsbeschwerde ist ein förmliches Rechtsmittel, mit dem von einer hierarchisch übergeordneten Behörde die Abänderung oder Aufhebung einer Verfügung verlangt wird.

 

Zulässigkeit

Die Verwaltungsbeschwerde ist grundsätzlich zulässig, wenn die Verfügung nicht endgültig ist oder durch Einsprache oder verwaltungsgerichtliche Beschwerde angefochten werden könnte (§ 44 VRP).

 

Beschwerdeinstanzen

Beschwerdeinstanzen sind gemäss § 45 Abs. 1 VRP:

  • der Bezirksrat oder der Gemeinderat für Verwaltungsbeschwerden gegen die ihnen unterstellten Behörden und Organe;
  • der Regierungsrat für Verwaltungsbeschwerden gegen die Bezirksräte und Gemeinderäte, die Organe kommunaler Zweckverbände, die Departemente, kantonale Kommissionen und Amtsstellen sowie die Organe kantonaler Anstalten.

 

Beschwerdegründe

Mit der Verwaltungsbeschwerde können gerügt werden (§ 46 VRP):

 

  • die unrichtige oder unvollständige Feststellung des rechtserheblichen Sachverhaltes;
  • die unrichtige Rechtsanwendung, einschliesslich der Überschreitung oder des Missbrauchs des Ermessens;
  • Ermessensfehler (Aber: Überprüfung durch den Regierungsrat nur soweit, als die Autonomie der Bezirks- und Gemeindebehörde nicht verletzt wird).

Neue Tatsachen und Beweismittel können im Beschwerdeverfahren geltend gemacht werden (§ 48 VRP). Die Beschwerdeinstanz ist an die Anträge der Parteien nicht gebunden; sie kann die Verfügung oder den Entscheid unabhängig von den Anträgen zu Gunsten oder zu Ungunsten einer Partei ändern (§ 49 VRP).

 

Beschwerdefrist

Die Beschwerdefrist beträgt grundsätzlich 20 Tage (§ 47 Abs. 1 VRP).


7.3.3 Aufsichtsbeschwerde-/anzeige

Die Aufsichtsbeschwerde ist ein formloser Rechtsbehelf, durch den eine Verfügung oder eine andere Handlung einer Verwaltungsbehörde bei der Aufsichtsbehörde beanstandet und diese darum ersucht wird, die Verfügung aufzuheben, abzuändern oder beispielsweise eine disziplinarische Massnahme zu erlassen (§§ 91 ff. GOG).

Aufsichtsbehörde über die Gemeinden ist der Regierungsrat. Er kann, muss aber nicht auf eine Aufsichtsbeschwerde eintreten. Bei offensichtlicher Missachtung klaren materiellen Rechts, wesentlicher Verfahrensvorschriften oder Verletzung öffentlicher Interesse ist ein Tätigwerden jedoch angezeigt.


7.3.4 Wiederwägungsgesuch

Ein Wiedererwägungsgesuch ist ein formloser Rechtsbehelf, mit dem der Betroffene die verfügende Verwaltungsbehörde ersucht, auf ihre Verfügung zurück zu kommen und sie abzuändern oder aufzuheben. Ein Wiedererwägungsgesuch kann sich nur auf erstinstanzliche Verfügungen beziehen, also z.B. auf Gemeinderatsbeschlüsse.

 

Die Verwaltungsbehörde ist nicht verpflichtet, auf das Wiederwägungsgesuch einzutreten (§ 34 Abs. 2 VRP). Ein Anspruch auf Prüfung und Beurteilung entsteht ausnahmsweise, wenn die Umstände sich seit dem ersten Entscheid wesentlich geändert haben oder der Betroffene neue Tatsachen oder Beweismittel geltend macht.


7.3.5 Revision

Das Revisionsgesuch ist ein ausserordentliches förmliches Rechtsmittel, mit dem eine formell rechtskräftige Verfügung oder ein rechtskräftiger Beschwerdeentscheid wegen des Vorliegens eines Revisionsgrundes bei der verfügenden Verwaltungsbehörde oder bei der entscheidenden Beschwerdeinstanz angefochten werden kann, so wenn

 

  • die Verfügung oder der Entscheid durch eine strafbare Handlung beeinflusst wurde;
  • die Partei nachträglich neue erhebliche Tatsachen oder Beweismittel vorbringt, die sie früher trotz zumutbarer Sorgfalt nicht vorbringen konnte;
  • die Behörde wesentliche Verfahrensvorschriften verletzt hat, welche die dadurch benachteiligte Partei nicht rechtzeitig geltend machen konnte;
  • die Behörde erhebliche Tatsachen, die sich aus den Akten ergeben, versehentlich nicht berücksichtigt hat (§ 61 VRP).

 

Das Revisionsbegehren ist innert 90 Tagen seit Feststellung des Revisionsgrundes, spätestens innert zehn Jahren seit Erlass der Verfügung oder des Entscheides, bei der Behörde einzureichen, welche die mit dem Revisionsbegehren angefochtene Verfügung oder den Entscheid getroffen hat (§ 62 VRP).
 
Dem Revisionsbegehren kommt keine aufschiebende Wirkung zu, wenn die Revisionsinstanz keine gegenteilige Anordnung trifft (§ 63 VRP). Gegen Revisionsentscheide sind die ordentlichen Rechtsmittel gegeben (§ 64 VRP).


7.4 Verwaltungsgerichtsbarkeit

Verwaltungsgerichtsbarkeit ist das Verfahren, in dem ein Gericht über die Erledigung von verwaltungsrechtlichen Streitigkeiten entscheidet. Im Gegensatz zu den für die verwaltungsinterne Verwaltungsrechtspflege zuständigen Instanzen gemäss § 45 VPR verfügen das Verwaltungsgericht sowie die selbstständigen Rekurskommissionen über richterliche Unabhängigkeit.


7.4.1 Gegenstand der Verwaltungsgerichtsbeschwerde

Mit der Verwaltungsgerichtsbeschwerde können beim Verwaltungsgericht insbesondere angefochten werden (vgl. § 51 VPR):

 

  • Verfügungen und Entscheide des Regierungsrates, soweit nicht durch die VRP oder einen anderen Erlass der Weiterzug an das Verwaltungsgericht ausgeschlossen wird;

    Der Regierungsrat kann eine Verwaltungsbeschwerde, welche er zu beurteilen hat, unmittelbar an das Verwaltungsgericht überweisen (sogenannte Sprungbeschwerde, § 52 VRP), sofern die Beschwerde nicht überwiegend aufsichtsrechtlicher Natur ist, ein Ausstandsbegehren betrifft oder die Verwaltungsgerichtsbeschwerde nach §§ 53 und 54 unzulässig ist (§ 52 Abs. 2 VRP).
  • Ergebnisse von Volkswahlen in den Bezirken und Gemeinden und von Sachabstimmungen des Volkes sowie Bezirks- und Gemeindeversammlungsbeschlüsse;
  • Unregelmässigkeiten bei der Vorbereitung von Volkswahlen in den Bezirken und Gemeinden und von Sachabstimmungen des Volkes;
  • Verletzungen des Stimmrechts durch Organe der Bezirke, Gemeinden und Zweckverbände;
  • Selbständige Vollstreckungsandrohungen und Vollstreckungsverfügungen.

In § 53 Abs. 1 VRP werden die Fälle aufgeführt, in denen die Verwaltungsgerichtsbeschwerde unzulässig ist, so insbesondere wenn die Verfügung oder der Entscheid durch einen Rechtssatz ausdrücklich als endgültig erklärt oder ein Beschwerdeentscheid an den Bundesrat oder an das Bundesverwaltungsgericht weitergezogen werden kann. Weitere Ausnahmen vom Weiterzug an das Verwaltungsgericht werden in § 53 Abs. 2 VRP aufgelistet (z.B. Erlass und Genehmigung von Richtplänen, Aufgaben der Infrastrukturplanung; vgl. dazu August Mächler, Justizreform des Bundes und ihre Umsetzung für die Staats- und Verwaltungsrechtspflege sowie das Verwaltungsverfahren im Kanton Schwyz, in: EGV-SZ 2010 S. 186 ff.).


7.4.2 Beschwerdegründe

Mit der Verwaltungsgerichtsbeschwerde kann geltend gemacht werden (§ 55 VRP):

 

  • die unrichtige oder unvollständige Feststellung des rechtserheblichen Sachverhaltes;
  • die unrichtige Rechtsanwendung, einschliesslich der Überschreitung oder des Missbrauchs des Ermessens;
  • Ermessensfehler, aber nur in eingeschränktem Mass und nur in bestimmten Bereichen (vgl. § 55 Abs. 2 VRP). Die Autonomie der Bezirks- und Gemeindebehörde ist zu wahren.

 

Neue Tatsachen und Beweismittel können geltend gemacht werden, soweit der angefochtene Entscheid dazu Anlass gibt (§ 57 VRP). Im Gegensatz zu den Beschwerdeinstanzen der Verwaltungsbeschwerde ist das Verwaltungsgericht bzw. die Rekurskommission an die Parteianträge gebunden, d.h. es darf grundsätzlich weder zu Gunsten noch zu Ungunsten über die Parteianträge hinaus entschieden werden (§ 58 VRP); ausgenommen hiervon sind die Fälle, in denen das Verwaltungsgericht das Ermessen überprüfen kann oder wo ein Rechtssatz ausdrücklich etwas Anderes bestimmt (§ 59 VRP).


7.4.3 Beschwerdefrist

Die Beschwerdefrist beträgt grundsätzlich 20 Tage (§ 56 Abs. 1 VRP).

 

Sie beträgt lediglich zehn Tage (§ 56 Abs. 2 VRP) bei der Anfechtung von

 

  • Volkswahlen in den Bezirken und Gemeinden und von Sachabstimmungen des Volkes;
  • Unregelmässigkeiten bei der Vorbereitung von Volkswahlen in den Bezirken und Gemeinden und von Sachabstimmungen des Volkes;
  • Verletzungen des Stimmrechts durch Organe der Bezirke, Gemeinden und Zweckverbände;
  • Vollstreckungsandrohungen und Vollstreckungsverfügungen.
  • Verfügungen aus dem Gebiet des öffentlichen Beschaffungswesens (Art. 15 Abs. 2 der Interkantonalen Vereinbarung über das öffentliche Beschaffungswesen, SRSZ 430.120.1).

7.5 Verwaltungsgerichtliche Klage

Mit der verwaltungsgerichtlichen Klage wird eine verwaltungsrechtliche Streitigkeit beim Verwaltungsgericht anhängig gemacht, ohne dass vorher eine Verfügung oder ein Entscheid ergangen ist.

 

Gemäss § 67 VRP beurteilt das Verwaltungsgericht im Klageverfahren als einzige Instanz:

  • Streitigkeiten aus öffentlich-rechtlichen Verträgen;
  • Streitigkeiten aus Konzessionen zwischen einem Gemeinwesen und dem Konzessionär oder zwischen den Konzessionären unter sich;
  • Streitigkeiten über öffentlich-rechtliche Entschädigungsansprüche gegenüber Gemeinwesen, andern Körperschaften und Anstalten des öffentlichen Rechts, sofern eine Entschädigungspflicht durch Rechtssatz vorgeschrieben ist;
  • Streitigkeiten über Ansprüche aus einem dem öffentlichen Recht unterstellten Arbeitsverhältnis, einschliesslich Streitigkeiten über Ansprüche gegenüber der Versicherungskasse des Kantons Schwyz;
  • Streitigkeiten aus dem Sozialversicherungsrecht, soweit für sie nach Bundesrecht oder kantonalem Recht der Klageweg vorgesehen ist;
  • öffentlich-rechtliche Streitigkeiten zwischen Gemeinwesen, Anstalten und anderen Körperschaften des öffentlichen Rechts;
  • andere Streitigkeiten, für welche eine besondere Vorschrift die verwaltungsgerichtliche Klage vorsieht.

 
Vor Einreichung der Klage teilt der Kläger dem Beklagten sein Begehren schriftlich mit. Der Beklagte nimmt dazu innert angemessener Frist Stellung. Kommt eine Partei dieser Pflicht nicht nach, so kann das Verwaltungsgericht dies bei der Kostenauflage berücksichtigen (§ 68 VRP).

 

Das Verwaltungsgericht beurteilt die ihm vorgelegten Anträge in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht frei (§ 70 VRP).

 

8. Archivwesen


Die Gemeinde- bzw. Bezirksbehörden sind verpflichtet, ein Archiv zu führen (§ 51 GOG und § 4 ArchG). Das Archiv stellt die dokumentarische Überlieferung sicher und trägt zur Wahrung der Rechtssicherheit bei (vgl. § 1 Abs. 2 ArchG).

  • Urkunde
  • Protokolle
  • Amtsbücher
  • Akten
  • Register
  • Karteien
  • Bildmaterial (Karten, Pläne, Grafiken, Fotos, Filme, Plakate u.ä.)
  • Tondokumente
  • Druckschriften
  • Zeitungen
  • andere Datenträger


Die Gemeinden und Bezirke haben einen Archivverantwortlichen zu benennen, die Ablage zu organisieren und einen Registraturplan zu erlassen (§ 6 Abs. 3 ArchG).

 

Die Behörden und die Verwaltung haben zur Erfüllung ihrer Aufgaben jederzeit Zugriff zum Archiv. Für Dritte gilt grundsätzlich eine Sperrfrist von 35 Jahren nach Abschluss des Dossiers. Allerdings unterliegen Unterlagen, die bereits vor der Ablieferung der Öffentlichkeit zugänglich waren, keiner Sperrfrist (§ 15 Abs. 1 und 2 ArchG). Da mit dem vor kurzem eingeführten Öffentlichkeitsprinzip das Akteneinsichtsrecht relativ extensiv auszulegen ist (vgl. das Gesetz über die Öffentlichkeit der Verwaltung und den Datenschutz vom 23. Mai 2007), kommt dieser Sperrfrist heute nicht mehr dieselbe Bedeutung zu wie früher. Vorbehalten bleiben jedoch in jedem Fall das öffentliche Interesse oder besonders schutzwürdige Interessen betroffener Personen, welche einer Einsichtnahme entgegenstehen (vgl. auch § 25 Gesetz über die Öffentlichkeit der Verwaltung und den Datenschutz sowie § 16 ArchG).


 

9. Staatshaftung

9.1 Vermögensrechtliche Haftung

9.2 Strafrechtliche Verantwortlichkeit

9.3 Disziplinarische Verantwortlichkeit

 

Der Gemeinde- und Bezirksrat und die Verwaltungsmitarbeiter unterstehen dem Staatshaftungs- und Verantwortlichkeitsgesetz (§ 1 Abs. 1 und 2 StHG) und damit einer vermögensrechtlichen, strafrechtlichen und disziplinarischen Verantwortlichkeit.


9.1 Vermögensrechtliche Haftung

Die Gemeinde bzw. der Bezirk haftet für den Schaden, den ein Behördenmitglied oder ein Verwaltungsmitarbeitender in Ausübung hoheitlicher Verrichtung einem Dritten widerrechtlich zugefügt hat (§ 3 StHG).

 

Voraussetzung hierfür ist

  • das Vorliegen eines vermögensrechtlichen Schadens (siehe aber auch die Möglichkeit der Genugtuung bei Tötung, Körperverletzung oder Verletzung der Persönlichkeit gemäss § 4 StHG i.V.m. Art. 47 oder 49 OR);
  • eine widerrechtliche Handlung, d.h. das Tun, Dulden oder Unterlassen des betreffenden Funktionärs muss gegen eine Rechtsnorm verstossen (ausgenommen § 7 StHG);
  • dass der Schaden „in Ausübung hoheitlicher Verrichtung“ zugefügt worden ist (§ 46 Abs. 1 KV), d.h. bei ihren privaten Handlungen unterstehen die Behördenmitglieder und Verwaltungsmitarbeitenden nicht dem Verantwortlichkeitsgesetz;
  • ein adäquater Kausalzusammenhang zwischen dem schädigenden Verhalten und dem Schaden.

Es handelt sich bei der Staatshaftung gemäss Verantwortlichkeitsgesetz also grundsätzlich nicht um eine Verschuldenshaftung, sondern um eine Kausalhaftung, die unabhängig vom Verschulden des betreffenden Funktionärs zur Anwendung kommt.

Ein besonderes Verschulden (Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit) muss jedoch in zwei Fällen gegeben sein: Einerseits bei Haftung aus unrichtiger Auskunft und andererseits, wenn eine Verfügung oder ein Entscheid im Rechtsmittelverfahren abgeändert wird (§ 5 StHG).

Um auf das betreffende Behördenmitglied oder den Verwaltungsmitarbeiter Rückgriff nehmen zu können, muss ebenfalls ein Verschulden seinerseits vorliegen (§§ 8 und 9 StHG). Bei mehreren Schadensverursachern vgl. § 10 StHG.

 

Der Schadenersatzanspruch sowie der Regressanspruch verjähren grundsätzlich in einem Jahr ab Kenntnis des Schadens, spätestens aber nach Ablauf von zehn Jahren vom Tage des schädigenden Verhaltens an (§ 11 StHG).

 

Verantwortlichkeitsklagen sind beim Verwaltungsgericht anhängig zu machen (§ 14 StHG), Regressansprüche am Schwyzer Wohnsitz des betreffenden Funktionärs, in gewissen Fällen am Sitz des klagenden Gemeinwesens (§ 15 StHG).


9.2 Strafrechtliche Verantwortlichkeit

Verbrechen, Vergehen oder Übertretungen, welche Behördenmitglieder oder Verwaltungsmitarbeitende in Ausübung ihrer amtlichen Tätigkeit begehen, werden nach den Vorschriften des Schweizerischen Strafgesetzbuches bestraft (§ 17 Abs. 1 StHG).

 

Zu denken ist insbesondere an strafbare Handlungen gegen die Amts- und Berufspflicht (z.B. Verletzung des Amtsgeheimnisses i.S.v. Art. 320 StGB, Amtsmissbrauch i.S.v. Art. 312 StGB oder ungetreue Amtsführung i.S.v. Art. 314 StGB), aber auch Urkundenfälschung (v.a. Art. 251 StGB) oder strafbare Handlungen gegen die Ehre und den Geheim- oder Privatbereich (z.B. Beschimpfung i.S.v. Art. 177 StGB) sind denkbar.

Behördenmitglieder und Verwaltungsmitarbeitende der Bezirke und Gemeinden sind verpflichtet, von Amtes wegen zu verfolgende Verbrechen und Vergehen, die ihnen in ihrer amtlichen Tätigkeit bekannt werden, anzuzeigen (§ 110 JG). Unterlassen sie es, Strafanzeige zu erstatten, kann die Verletzung der Anzeigepflicht den Tatbestand der Begünstigung i.S.v. Art. 305 StGB erfüllen.


9.3 Disziplinarische Verantwortlichkeit

Der Gemeinde- oder Bezirksrat ist befugt, ein ordnungswidriges Verhalten eines seiner Mitglieder oder einer ihm untergeordneten Behörde oder Kommission und ihrer Mitglieder mit Verweis oder Busse zu ahnden (§ 19 Abs. 1 StHG).

 

Bei wiederholten oder schweren Verfehlungen, insbesondere bei Einleitung einer Strafuntersuchung wegen Verletzung der Amtspflicht kann eine Einstellung im Amt für sechs Monate oder bis zum Abschluss der Strafuntersuchung angeordnet werden (§ 19 Abs. 2 StHG).

Eine Amtsentsetzung kann nur durch den Strafrichter angeordnet werden (§ 19 Abs. 3 StHG).

 

Diese Disziplinarmassnahmen sind auch gegen einen auf Amtsdauer gewählten Gemeindeschreiber möglich, nicht aber gegen die Verwaltungsmitarbeiter (§ 18 Abs. 1 StHG), die nicht auf Amtsdauer gewählt sind. Für letztere gilt das Personalrecht der Gemeinde bzw. des Kantons, wobei bei Arbeitspflichtverletzungen als Disziplinarmassnahme ‘nur’ ein Verweis vorgesehen ist.